Die Rolle der Frauen in der Evolution von Religiosität und Religionen

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Schon ein Jahrhundert vor Charles Darwin veröffentlichte David Hume seine "Naturgeschichte der Religion" (Natural History of Religion), mit der er mit Berufung auf den antiken Autor Strabo annahm, dass erfolgreiche Religionsgemeinschaften wesentlich von Frauen begründet und getragen worden seien. Obwohl Darwin die Bedeutung der sexuellen Selektion (und damit der "Damenwahl") in der Natur erkannt hatte und obwohl er sich gerade in seinen Thesen zur Evolution der Religion auf Hume bezog, ließ er diese Annahme ungeprüft. Denn laut Darwin konnte die Evolution von Tieren durchaus vom weiblichen Geschlecht (mit-)gestaltet sein – beim Menschen aber hatte seines Erachtens der Mann das Sagen. So schrieb er in seiner "Abstammung des Menschen": „Der Mann ist an Körper und Geist kraftvoller als die Frau, und im wilden Zustande hält er diesselbe in einem viel unterwürfigeren Stande der Knechtschaft, als es das Männchen irgend eines anderen Thieres tut; es ist daher nicht überraschend, daß er das Vermögen der Wahl erlangt hat.“ (Darwin 1874: 675) Entsprechend war für Charles Darwin der Homo religiosus ein Vir religiosus (religiöser Mann) – auch in seinen Hypothesen zur Evolution der Religiosität entwarf er Szenarien von Kampf, Jagd und Konkurrenz, in denen Frauen keine eigenständige Rolle zukam, sie nicht einmal Erwähnung fanden.

Allerdings traf seine These der Unterlegenheit der Menschenfrau auch auf frühen Widerspruch: Seine Zeitgenossin und Mit-Theologin Antoinette Brown Blackwell, bereits kampferprobt gegen religiös begründete Frauenfeindlichkeit, wies nun auch gegen die biologische Frauenverachtung auf die Gleichwertigkeit der Geschlechter und z.B. die vom entstehenden Darwinismus fast völlig ignorierte Bedeutung von gemeinschaftlicher Kinderbetreuung gerade in der Evolution des Menschen hin. In ihrem Szenario evolvierten Mann und Frau gerade nicht als Herrscher (Mann) und Beute (Frau), sondern als verschiedene, aber gleichwertige Partner – gerade in der Sorge um den Nachwuchs, aber auch etwa im Streben nach Wissen.

Vor einigen Jahren hätte ich mir eher nicht träumen lassen, ausgerechnet auch über Geschlechterfragen zu forschen – ein Thema, das noch immer einige Mit-Männer erbost und mir absehbar auch einigen Spott eintragen wird. Aber die Befunde, auf die ich stieß, wollte und konnte ich nicht ignorieren, darunter:

* Der Zusammenhang von Religiosität und Demografie (und eben nicht plumper "Kampfkraft") als evolutionärer Erfolgsfaktor von Religion,

* der Umstand, dass Frauen den Großteil ehrenamtlichen Engagements in Religionsgemeinschaften leisten und diesen auch durchschnittlich enger verbunden sind (wogegen Atheismus und vor allem Antitheismus überwiegend von Männern geprägt werden),

* die von Sarah Blaffer Hrdy genial ausgearbeitete Bedeutung gemeinschaftlichen Kindesaufzugesin der Evolution des Menschen – und schließlich auch

* die religionshistorischen Befunde (etwa zum frühen Erfolg von "Mutter Kirche(n)" auch gegen staatliche Verfolgung) sowie

* die paläo-archäologischen Funde fast ausschließlich weiblicher Figurinen über Jahrzehntausende hinweg – immer mehr sprach für Brown Blackwell und Hume, immer weniger für den Machismo Darwins und seiner Nachfolger.

Sehr beeindruckt haben mich auch die Befunde der "Großmutterforschung", die die außerordentliche, postreproduktive Langlebigkeit von Menschen und besonders Menschenfrauen erkundet, z.B. im genialen Sammelband "Grandmotherhood. The Evolutionary Significance of the Second Half of Female Life" von den Herausgebern Eckart Voland, Athanasios Chasiotis und Wulf Schievenhövel, mit denen (und einigen weiteren Forscherinnen und Forschern) ich in den vergangenen Jahren darüber sprechen konnte. Und gerade weil es in diesen Forschungen weder um ideologischen Feminismus noch zunächst um die Evolution von Religiosität ging, war es für mich verblüffend zu sehen, wie präzise und genau sich die Befunde zunehmend verzahnten. Und als ich dann im Sommer an heutigen, empirischen Daten an die Überprüfung ging, konnte ich nur noch Staunen (und sehe seitdem Großeltern noch einmal mit ganz anderen Augen).

Während dieser Arbeit an und mit den Befunden störte mich zunehmend, dass Selbstaussagen, Emotionen und Verhalten von Frauen oft vorab als "manipuliert" abgetan wurden, als wären sie nicht einmal in der Lage, selbständig zu denken und zu fühlen – und damit auch keiner wissenschaftlichen Beachtung wert. Sicher: Frauen wurden und werden v.a. in Agrargesellschaften oft furchtbar unterdrückt, gerade auch im Namen von Religion(en) – aber dass sie "von Natur aus" weniger begabt, leichter manipulierbar oder nicht in der Lage wären, eigene Interessen zu entdecken und zu vertreten, habe ich nie bestätigt gefunden und halte es für ein viel zu lange (auch in den Wissenschaften implizit) weiterwirkendes Vorurteil. Wenn das Verhalten von Frauen gängigen Annahmen widerspricht, dann sollten wir Wissenschaftler m.E. nicht zuerst das Verhalten abwerten, sondern unsere Annahmen überprüfen!

Abschied von der Hypothese der direkten, sexuellen Selektion von Religiosität

Tja, und dieses Überprüfen von Annahmen habe ich dann auch selbst vollzogen. Die von mir lange für möglich gehaltene und in der internationalen Evolutionsforschung immer noch populäre Hypothese, dass Religiosität über die direkte, sexuelle Selektion zwischen (Einzel-)Frau und (Einzel-)Mann evolviert sein könnte, erschien mir zunehmend schwächer. Es gibt einfach zu viele Einwände dagegen – denken wir an

* das zeitweise oder lebenslange Zölibat in vielen religiösen Traditionen,

* an die betont Sexualmerkmale reduzierende Kleidung vieler religiöser Würdenträger,

* an die Verehrung, die gerade auch Asketen und älteren Glaubensvorbildern (wie Päpsten, dem Dalai Lama, Mutter Theresa, Mahatma Ghandi u.v.m.) entgegen gebracht wird – im Gegensatz etwa zur erotisierenden, mitunter ewige Jugend verheißenden Verehrung von Film-, Sport- oder Musik"idolen".

* Religionszugehörigkeit kann – wie in Goethe’s Gretchenfrage formuliert – die Partnerwahl eingrenzen und befördern, wirkt aber kaum direkt als sexuelles Signal

* und die Ergebnisse einer experimentellen Studie von Kenrick et al. direkt dazu, die Douglas und sein Team erklärtermaßen überraschten, bestärkten die Zweifel weiter.

Übrigens: Als ich im Mai auf einer Tagung über die zunehmende Schwäche dieser Hypothese sprach, titelte ein anwesender Journalist des evangelischen Pressedienstes (epd) sogleich schneidig: "Religion macht nicht sexy!", das Hamburger Abendblatt und einige religionskritische Blogs nahmen die Meldung auch gleich auf. Erfreulicherweise konnte ich dennoch in relativer Ruhe an den Befunden weiter arbeiten, sie mit Kolleginnen und Kollegen weiter diskutieren und die alte durch eine neue, m.E. nun bessere Hypothese ersetzen und diese nun publizieren. (Danke also auch allen Anfragenden wie z.B. Eduard Kirschmann, die sich bis heute in Geduld geübt haben!)

Erfolgreiche Religionsgemeinschaften wurden und werden maßgeblich von Frauen getragen

So bin ich heute der Auffassung, dass Hume, Brown Blackwell und in Aspekten auch Friedrich August von Hayek und Adam Smith, schließlich heutige Stimmen wie Chris Knight, Camilla Power und Volker Sommer, Sarah Blaffer Hrdy und Kristen Hawkes mit ihren Annahmen gegenüber den noch einseitig männlich dominierten Evolutionsszenarien Charles Darwins und der meisten seiner Schüler Recht gehabt haben: Religiosität evolvierte nicht primär über die Bildung von Kampfgruppen, sondern vor allem über die Begründung von Vertrauensnetzwerken und Gemeinschaften, die der gegenseitigen Hilfe und gemeinsamen Kinderbetreuung und -bildung dienten und dienen. Erfolgreiche Gründungen wurden und werden daher überwiegend auch von Frauen getragen, die oft durchaus bereit waren und sind, Männern Statusrollen einzuräumen, wenn dafür die Qualität und Stabilität sozialer Beziehungen betont wurde und wird. Religiöse Traditionen, die kaum entsprechende Angebote machen, werden auch nicht ausreichend Frauen und Familien gewinnen und sich unweigerlich wieder aus dem (bio-)kulturellen Evolutionsprozess verabschieden (derzeit z.B. diverse UFO-Glaubenstraditionen).

Und wie "männlich" auch religiöse Traditionen konnotiert werden – ihre auch weiblichen und familienbezogenen Grundlagen schimmern weltweit und immer wieder durch…

 

Homo religiosus war und ist, von Anfang an – Frau und Mann.

Zum Download und zur Diskussion: "Die Rolle der Frau in der Evolution von Religiosität", Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte Bd. 31, 2010, S. 15 – 26

 

Zwei Vorträge, in denen ich die Hypothesen auch zur öffentlichen Diskussion stellen möchte:

1. "Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan…" – Die Rolle der Frau bei Goethe und in der modernen Evolutionsforschung

Do., 4.11.2010, Goethe-Gesellschaft Nordenham, 20 Uhr, Altes Rathaus

2. "Die Rolle der Frauen in der Evolution von Religiosität und Religionen"

Mo., 17.01.2011, Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (BGAEU), 18 Uhr, Museum für Vor- und Frügeschichte, Schloss Charlottenburg 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

113 Kommentare

  1. Hallo Michael,
    dabei drängt sich mir der Gedanke an das europäische Spätmittelalter mit der Konkurrenz zwischen Mithraskult und Christentum. Die Parallelen zwischen beiden sind ja weitreichend, mit dem (wohl entscheidenden) Unterschied, dass Frauen beim Mithraskult m.W. ausgeschlossen waren. Wir wissen, wie die Geschichte weitergegangen ist…

    Die interessante Frage ist doch: Gibt es aus dieser Zeit Zeugnisse, die über diesen Punkt Aufschluss geben könnten?

  2. Mann und Frau

    Wäre es in diesem Zusammenhang nicht auch wichtig, die in vielen (alten) Religionen vorherrschende Vorstellung vom göttlichen Paar als Gottessymbolik mit einzubeziehen? Geschlechtergerechtigkeit lässt sich m.E. nur erreichen, wenn man beide Varianten berücksichtigt und gegebenenfalls neu definiert.

  3. @fischer

    Die Rolle der Frau im Christentum ist nicht gerade “tragend”, wenn man z.B. an die RKK denkt.
    Auch wurden christliche Gruppen mit einer stärkeren Rolle der Frau (Montanismus z.B.) von der RKK verfolgt.
    d.h. die eher frauenfeindlichen Strömungen konnten sich “trotzdem” durchsetzen.

    Auch ist der alte persische Mithraskult nur bedingt mit dem röm. verwandt.

  4. Toll!

    Lieber Michael,

    – spannend! Mir scheint Dein Aufsatz wirklich in die richtige Richtung zu gehen.

    Ich wies Dich früher schon einmal hin auf die amerikanische Anthropologin Barbara J. King und ihr Buch “Evolving God” (2007). Obwohl das Buch – wie viele – weitschweifig geschrieben ist, fand ich die Grundthese überzeugend. Und sie paßt hervorrangend zu Deinem Aufsatz.

    Sie vertritt die These, daß die psychologische Wurzel religiöser Gefühle im Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe begründet sind, sowie im Zugehörigkeitsgefühl zu nahestehenden Gruppenmitgliedern.

    Daß sich Kulturen und Völker ausgerechnet von Männern über Religiosität “beraten” lassen, ist ja in vielen Weltregionen, beispielsweise in unserer, ein sehr “junges” Phänomen. Tacitus berichtet von den “weisen Frauen” der Germanen, den Hagedisen. Bei den Wüstenmumien der Taklamakan, bei den Tocharern fand man ausgerechnet Frauen mit hohen (Zauber-)Hüten, was auf medizinische und religiöse Funktionen deutet und Parallelen zu den mitteleuropäischen Goldkegeln aufweist, die darum ebenfalls nicht unbedingt gerade von Männern getragen worden sein müssen.

    Und sogar Sokrates/Platon überlassen das letzte Wort in einem der zentralsten philosophischen Diskurse der Antike, dem “Gastmahl”/”Symposion”, einer Frau, der Seherin Diotima.

    Wie es ja überhaupt viele antike Kulturen gibt, in denen die Frau Seherin-Funktionen und vieles ähnliche hat. Auch der jüdische Gott Jahweh soll ja nach archäologischen Befunden eine weibliche Gottheit als Vorgänger gehabt haben.

    Es wird wohl dem beim Mann stärker ausgeprägten (Testosteron-gesteuerten?) Machtstreben zu schulden sein, wenn die monotheistischen Religionen mehr das Wort betonten “Das Weib schweige in der Gemeinde” und wenn sie – wie etwa im Judentum – es noch nicht einmal als notwendig ansprachen, wenn die Frauen überhaupt den Gottesdienst besuchen würden.

    Die monotheistische Unterscheidung zwischen Wahr und Falsch ist ebenso wie die antik-wissenschaftliche Unterscheidung zwischen Wahr und Falsch eine sehr vernunftbetonte. Da Frauen biopsychologisch mehr zu intuitivem Verstehen, Empathie etc. neigen, könnten sie aufgrund des weltgeschichtlich Neuen der wissenschaftlichen, bzw. religiösen Vernunfterkenntnisse (anstelle von eher “gefühlten” Mythen) in den letzten 2.000 Jahren eher ins Hintertreffen geraten sein.

    Aber das muß ja nicht das letzte Wort der Weltgeschichte bleiben. Vielmehr sehen wir, daß wenn Frauen auf religiösem Gebiet in der Gemeinde schweigen, dies Gesellschaften auch demographisch schwer schädigen kann.

  5. @Lars

    Danke für den Kommentar! Und, ja, der (spätrömische) Mithras-Kult bietet in der Tat eine spannende Feldstudie, die man einmal gesondert aufgreifen könnte. Ich werde es im Auge behalten! Kennt jemand ein hervorragendes Buch zur Geschichte dieser Tradition?

  6. @Mona

    Gute Anregung, danke! Nach meinem bisherigen Kenntnisstand stellen die Götterpaare historische Zwischenglieder zwischen weiblichen und männlichen Gottesbildern dar. So tritt Aschera in den Überlieferungen erst hinter ihren “Gatten” Jahwe zurück, um dann schließlich ganz zu verschwinden:
    http://www.uni-due.de/…f/lit-Gerstenberger03.htm

    Ein faszinierendes Themenfeld ist das auf jeden Fall, vielen Dank für die Anregung!

  7. Ein bisschen quer zu schießen…

    Man sollte ja immer wieder versuchen, auch in unbewussten Vorgängen oder sonst nicht hinterfragten Sitten einen vernünftigen bzw. einen natürlichen Grund zu finden. Dazu zwei Überlegungen:

    Frauen als Priesterinnen.
    Könnte doch auch so sein: Es ist nicht sehr praktisch, Jäger (bzw. auch Krieger) und Priester durch die gleichen Personen vertreten zu lassen. Priester sind – besonders in vorschriftlichen Kulturen – so etwas wie die lebendigen Lexika einer Volksgruppe. Sie müssen nicht nur über die berühmten außerempirische Akteure was wissen, sondern über Medizin und das Feuer, über Rechtssätze und en Jahreskreislauf. Sie sollten eher zu Hause bleiben, denn wenn ihnen was passiert, ist womöglich ein zu großer Teil des Gruppenwissens gelöscht. Ist’s also nicht ganz praktisch, wenn das Frauen machen, die vermutlich doch sowieso mehr bei denen sind, die man tunlichst auch nicht auf die Jagd oder einen Krieg mitnehmen sollte: die Kinder. (Das traditionelle Schema von Frau am Herd – Küche, Kinder, Kirche – hat ja wohl auch seine biologischen Wurzeln.)
    Die alte Parre bei Rulaman, sie wäre als Mann nie so alt geworden. Sie hat noch erzählen können von dem, was 30 Sommer vorher war. Ach ja, und Frauen werden ja sowieso älter; also noch ein Grund für sie, zwecks Nachhaltigkeit vorhandenen Wissens.

    Frauen als Göttinnen, Heilige ff.. .
    Das ist mir nicht so sicher, dass damit der Frau eine Herrschaftsfunktion zugesprochen wird. Schon manchmal; aber muss nicht notwendigerweise so sein. Ich kann mir schon auch denken, warum männliche Zölibatäre die Maria so lieben und weibliche ihren Herrn Jesus. Nun, das kommt eben bei Zölibatären überdeutlich heraus; der Gesichtspunkt dürfte aber doch auch sonst wirksam sein; entsprechende Bilder und Vorstellungen und Ideale sind wohl nicht nur in religiösem Zusammenhang wirksam. Gibt ja auch wohl sonst mehr Frauendarstellungen in (neuzeitlichen) Kunstwerken; und die gefallen gerade den Männern. Darf ja auch so sein…

    Im Übrigen,
    Mona hat glaube ich drauf hingewiesen: Geschlechtergerechtigkeit. Ich denke, dass in den meisten religiösen Varianten irgendwo eine Möglichkeit gefunden wird, da etwas zum Zuge zu bringen. Am deutlichsten vielleicht im Katholizismus mit der Maria. Auch streckenweise bei den Moslems. Den Männern ist es in einer nur männlich dominierten Welt auch nicht so wohl.
    Ach, und der gute Paulus hat mit seinem berühmten Wort „das Weib schweige in der Gemeinde“ auch noch nicht das letzte Wort gesprochen: Diesen Sommer war ich mal in einem katholischen Gottesdienst. Da war vorne kein Priester, überhaupt kein Mann. Sondern zwei erwachsene Frauen und eine etwa 12-jährige Ministrantin. Muss auch gehen; und es geht weiter…
    Oh, und jetzt hat Michael B. sich schon zu den Übergängen vonweiblichen zu männlichen Göttern geäußert. Ich setze es trotzdem so rein – eben ein bisschen quer zu schießen… 😉

  8. @Sascha B.

    Dass Frauen eine formative Rolle im frühen Christentum einnahmen, lässt sich schon im NT – vor allem der Apostelgeschichte, aber auch z.B. den Paulusbriefen – sehen. Ganz abgesehen von der tragenden Rolle der Religionsweitergabe in Familien und sozialen Werken war auch die Rolle von Frauen in Lehre, Predigt und Liturgie über Jahrhunderte noch sehr viel stärker ausgeprägt, als es heutige Wahrnehmungen erwarten ließen. Vgl. das eindrucksvolle “Portrait of a Priestess”, von Joan Breton Connelly 2007:
    http://books.google.de/…nepage&q&f=false

    Klar aber ist, gerade auch am frühen Christentum erkennbar: Frauen stärkten oft gerade nicht jene Traditionen, in denen Frauen auch religiös sichtbare Rollen übernahmen – sondern setzten andere, eigene Präferenzen. Daran hat sich bis heute nichts geändert: Obwohl Frauen in Scharen von der katholischen Kirche in evangelische Landeskirchen mit Gleichberechtigung, Wahlen, weiblichen Geistlichen etc. wechseln könnten, findet dies nicht statt. Wenn überhaupt, so gewinnen jene evangelischen Gruppen an weiblichen Konvertiten, die Frauen nicht als Predigerinnen akzeptieren, aber die Verbindlichkeit familiären und sozialen Engagements betonen. Vgl. die Auswertung der Schweizer Volkszählung auf S. 33 hier:
    http://www.blume-religionswissenschaft.de/…n.pdf

    Auch wenn sie uns bisweilen ärgern sollten: Die gelebten Präferenzen auch von Frauen nicht vor- und abzuwerten, sondern wissenschaftlich zu erkunden und zu verstehen – dafür plädiere ich.

  9. @Ingo

    Tja, hier scheinen wir tatsächlich mal einer Meinung zu sein! 🙂 Ich bin gespannt auf die kommenden Reaktionen und Diskussionen rund um die Rolle der Frau(en) in der Evolution des Menschen und dessen Religiosität.

  10. @blume

    Ich bezog mich primär darauf, dass Frauen in der RKK keine wichtigen offiziellen Ämter einnehmen durften und dürfen.

    Zitate, die das begründen, gibt es ja von Paulus und anderen genug.

    Ob “die Frauen” sich das ausgesucht haben, halte ich für recht fragwürdig. Möglicherweise wirken da nur andere Zwänge oder Ängste.

  11. Heilige Hochzeit @Michael Blume

    Ja, wenn man von nur von der Bibel ausgeht wird es sicher schwierig Frauen als gleichberechtigte Partner zu integrieren. Die Bibel kennt die Frau doch in erster Linie als Helferin bzw. als Frau oder Tochter von XY. Selbst der “Jungfrau” Maria musste man erst ihre Geschlechtlichkeit absprechen bevor sie einen relevanten Platz fand. Wahrscheinlich hängt es mit der Leibfeindlichkeit der Kirchen zusammen, warum die Frauen hier eine so schlechte Stellung haben bzw. hatten. Im Mittelpunkt dieser Betrachtungsweise steht häufig der Mann, dem das Heil zuteilwerden soll und der von Satan, in Gestalt einer verführerischen Frau, davon abgehalten wird dieses zu erlangen, also wird die Frau dämonisiert.

    Herr @Aichele schreibt: “Das traditionelle Schema von Frau am Herd – Küche, Kinder, Kirche – hat ja wohl auch seine biologischen Wurzeln.” Verzeihung, aber das ist die Vorstellung eines untergegangenen Bürgertums und hat mit der “früheren” Realität wenig zu tun. Selbst im Mittelalter gab es berufstätige Frauen, die die verschiedensten Berufe ausübten. Auch wird häufig vergessen, dass bei den Bauern Frauen und Kinder Schwerstarbeit leisten mussten. Im übrigen war die Lebenserwartung von verheirateten Frauen früher sehr gering, da viele im Kindbett starben oder durch die viele Arbeit überlastet waren. Siehe auch: http://www.lerntippsammlung.de/…Mittelalter.html

    M.E. kann man diesem Thema nur gerecht werden, wenn man die Perspektive erweitert. Und da wären wir auch wieder beim göttlichen Paar, wie z.B. Shiva und Parvati, Rama und Sita, oder Vishnu und Laksmi.
    Die Geschlechterbeziehung findet sich aber auch als religiöse Metapher, z.B. bei Nonnen als Braut Christie, wo eine Vereinigung mit Gott angestrebt wird. “In den mesopotamischen Kulturen von Sumer, Assur und Babylon spielte Hierogamie die bedeutendenste Rolle im Kult. Ebenso in Indien, im alten Ägypten und wahrscheinlich auch im Kaiserreich China war sie bekannt. In den bronzezeitlichen Kulturen Nordeuropas ist Hierogamie durch Felsritzungen belegt.”
    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Hierogamie

    Neuerdings befasst sich ja auch die Genderforschung mit dem Thema Religion. Vielleicht sollte man sich das hier mal anschauen: http://www.gender-curricula.eu/…mp;curriculum=41

  12. @Hermann Aichele

    Ja, die Großmütterforschung unterstreicht präzise den (auch) biologischen Wert von Kinderbetreuung und Wissensweitergabe. Langlebige Frauen konnten so ihre Kinder, Enkel und auch weitere Gruppenmitglieder effektiv unterstützen und damit auch unbewusst die Weitergabe der “eigenen” Gene befördern – evolutionär erfolgreich sein. Und, ja, die “Parre” im Rulaman schildert das wirklich eindrucksvoll!

    Hinzu kommt, dass über die längste Zeit der Menschheitsgeschichte Vaterschaft nicht so eindeutig festzustellen war, irgendwann auch erst einmal entdeckt werden musste und noch bis in unsere Zeit beispielsweise auch von mehreren Männern ausgehen konnte. Die Mutterschaft war dagegen stets eindeutig, die Urahnin klar identifizierbar. Bott hat recht eindrucksvoll geschildert, welche langen Prozesse nötig waren, bis die urtümliche Vorstellung einer weiblichen Urschöpfung (Mater-ie) durch männlich konnotierte Konzepte ersetzt werden konnte. @Sascha Bohnenkamp könnte dazu z.B. auf den Mythos von Tiamat und Marduk verweisen…

  13. @Bohnenkamp

    Das hatte ich schon verstanden. Aber Sie benennen doch damit genau den Widerspruch zwischen unseren Annahmen und realem Verhalten, den wir m.E. endlich überwinden sollten.

    Ich bezog mich primär darauf, dass Frauen in der RKK keine wichtigen offiziellen Ämter einnehmen durften und dürfen.

    So war – und ist – es. Also: Warum tragen vor allem Frauen auch z.B. im heutigen Deutschland den Großteil des Gottesdienstbesuches, das ehrenamtliche Engagement und die Kirchenmitgliedschaft der römisch-katholischen Kirche? Warum wechseln sie nicht massenhaft in die ev. Landeskirchen und widerstehen sogar der Säkularisierung durchschnittlich stärker als (ex-)katholische Männer? Warum sind (siehe oben) auch Musliminnen in allen religiösen Kategorien durchschnittlich prononcierter als die Männer – mit Ausnahme der öffentlichen Praxis?

    Ob “die Frauen” sich das ausgesucht haben, halte ich für recht fragwürdig. Möglicherweise wirken da nur andere Zwänge oder Ängste.

    Das heißt dann wohl übersetzt, dass Frauen nicht wussten und wissen, was sie tun. Und genau daran habe ich meine Zweifel. Warum sollten damalige und heutige Frauen stärker von “Zwängen und Ängsten” bestimmt sein als Männer? Wie kommt es, dass auch bei aufgeklärten und gebildeten Menschen wie Ihnen das Klischee von der naturgemäß unmündigeren und manipulierbareren Frau fortbesteht?

    M.E. sehen wir hier unterschiedliche Präferenzen, die sich evolutionär sehr gut erforschen und beschreiben lassen. Wie man diese dann bewertet, kann weiter diskutiert werden. Aber dass man weibliches Verhalten schon vorab als unrelevant, angst- und zwangsgesteuert abtut, mag ich nicht länger akzeptieren.

  14. @Mona

    Nun verstehe ich Dich, glaube ich, etwas besser. Du hast m.E. natürlich völlig Recht, dass ein Verständnis von gleichberechtigter und dabei erfolgreicher Partnerschaft möglich ist und in vielen Überlieferungen und Mythen auch dargestellt wird. Diesen Ansatz legte ja auch Antoinette Brown Blackwell vor, die ihn im übrigen auch in einer glücklichen Ehe lebte.

    Gerade angesichts Deiner Kritik an der römisch-katholischen Kirche (Leibfeindlichkeit, Abwertung der Sexualität und Frau etc.) möchte ich Dich aber gerne fragen, warum Deines Erachtens so viele heutige Frauen dieser Kirche die Treue halten, statt z.B. zu evangelischen Landeskirchen zu wechseln? Warum verzeichnen ausgerechnet meist evangelisch-konservative Gruppen einen Zustrom weiblicher Mitglieder?

  15. “biologische Wurzeln”+Matronen

    @Mona: Da tun Sie Herrn Aichele, glaube ich, unrecht, wenn Sie ihm ‘Vorstellungen eines untergegangenen Bürgertums’ unterstellen. Daß Frauen Säuglinge stillen können, Männer aber nicht, ist eine biologische Tatsache. Und die hatte vor der Zeit zuverlässiger Empfängnisverhütung und industrieller Säuglingsnahrung weitreichendere Konsequenzen als heute in den Ländern, wo diese Errungenschaften verfügbar sind.

    Übrigens, @Michael Blume, habe ich nach Ihrem letzten Hinweis auf die Matronen beim Joggen mal einen Abstecher zum Tempelbezirk Pesch mit seinen Matronensteinen gemacht:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Tempelbezirk_Pesch

    Wenn der Matronenkult auch nicht im Rheinland entstand, dann wird er hier, das kann ich berichten, zumindest immer noch gepflegt. Vor den Steinen sind Windlichter aufgestellt und Blumen arrangiert. Das wollte ich mit dem bekannten rheinischen Lokalpatriotismus noch ergänzt haben.

  16. @blume

    Vielleicht weil die Frauen in einer durch Männer dominierten Gesellschaften lebten und leben?

    Ich glaube nicht, dass die Frauen nicht wissen würden, was sie tun – aber ein handeln entgegen der herrschenden Traditionen ist ggf. auch gefährlich. Da wird dann halt abgewogen.

  17. @Michael Blume

    Du schriebst: “…möchte ich Dich aber gerne fragen, warum Deines Erachtens so viele heutige Frauen dieser Kirche die Treue halten, statt z.B. zu evangelischen Landeskirchen zu wechseln? Warum verzeichnen ausgerechnet meist evangelisch-konservative Gruppen einen Zustrom weiblicher Mitglieder?”

    Ich glaube, dass da die Sehnsucht nach Sicherheit, wie man sie im Althergebrachten findet, eine große Rolle spielt. Insbesondere Menschen aus niederen sozialen Schichten haben heutzutage ja große Zukunftsängste und fühlen sich deshalb in einer autoritär geführten Gemeinschaft wohler, da man die Hoffnung hat, “die da oben” könnten einem im Zweifelsfalle behilflich sein. Um dieses Wohlgefallen zu erreichen bringen sie sich auch ein, z.B. durch ehrenamtliche Tätigkeiten.

    In den letzten Jahren wurde vielen Menschen auch klar, dass sie sich von der Idee des “Anything Goes” verabschieden müssen. Die Sehnsucht nach Werten, wie Glück, Geborgenheit und Verbindlichkeit wächst und das stärkt etablierte Milieus, wie die der Kirchen.

    Auf der anderen Seite gibt im kath. Bayern auch einen Rückzug von der Kirche. Gerade die älteren Frauen, die früher die Kirche stärkten, wenden sich immer mehr ab. Viele treten auch aus der Kirche aus, aber in keine neue mehr ein, sie bleiben “privatreligiös”.

  18. @Sascha Bohnenkamp

    Nein, m.E. funzt das nicht – aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht.

    1. Das religiöse Verhalten von Frauen und Männern geht gerade in jenen Gesellschaften auseinander, die sich säkularisieren – Daten z.B. aus der Schweiz habe ich ja gezeigt. Es sind gerade auch in “modernen” Gesellschaften häufiger die Männer, die sich (häufiger) abwenden.

    2. Frauen standen und stehen auch dann häufiger als Männer für Religionen ein, wenn diese unterdrückt oder verfolgt wurden – so im frühen Christentum oder in der DDR. Wie wäre das wiederum zu erklären, wenn sich Frauen nur – wie Sie andeuten – herrschenden Trends anpassen würden?

    3. Auch die archäologischen Funde und die Ihnen sehr gut bekannten Mythologien der Antike zeigen ja eine lange Dominanz weiblich erzählter Gottheiten. Das lässt sich mit einer Annahme, wonach letztlich Männer die Frauen zur Religion “zwängen”, ebenfalls nicht schlüssig erklären.

    So bleibt die Frage: Warum fällt vielen der Gedanke so schwer, dass auch Frauen selbstbestimmt und bio-logisch handeln könnten? Auch in der Säugetier(!)welt gibt doch praktisch nie nur ein Geschlecht “den Ton an”… Und eine eigenständige und aktive Rolle auch von Frauen ist doch die naheliegendeste Annahme, zumal Hypothesen z.B. zur vermeintlich geringeren Intelligenz von Frauen u.ä. samt und sonders empirisch gescheitert sind.

  19. @Jürgen Bolt

    Ich wollte Herrn Aichele natürlich nicht unrecht tun. Aber meine Großmutter war noch selbst Bäuerin und sie erzählte oft, dass manche Frauen Ihre Kinder auf dem Feld bekamen und dann weiterarbeiteten. Stillen muss man einen Säugling in der Regel ja nur alle vier Stunden und ich glaube kaum, dass es sich Frauen in früherer Zeit leisten konnten dazwischen zu relaxen.

  20. @Mona: Zustimmung

    Liebe Mona,

    ja, so sehe ich es auch. Danke für den guten Kommentar! Denn ich hoffe, dass sich langsam endlich die Perspektive durchsetzt, das Verhalten von Menschen (und gerade auch von Frauen) nach deren eigenen Präferenzen zu erkunden, statt es von vornherein abzuwerten.

    Mir scheint es auch so zu sein, dass Männer im Durchschnitt stärker Statusrollen anstreben und Frauen stärker die Sicherheit sozialer Beziehungen betonen. Beides ist m.E. auch evolutionär völlig gut zu erklären – und für die Entwicklung des Menschen als Gemeinschaftswesen mit langer Kindheit und hoher Kultur war die weibliche Perspektive wohl mindestens genauso wichtig wie die männliche.

    Ärgerlicherweise organisiert sich aber auch unser Wissenschaftsbetrieb immer noch status-betont und Frauen (und Mütter) wie Antoinette Brown Blackwell, Sarah Blaffer Hrdy etc. trafen und treffen auch heute noch auf Mischungen von Ignoranz und Arroganz, die einen verblüffen. Im Artikel habe ich ja geschrieben, dass ich fürchte, dass es noch Jahrzehnte brauchen wird, bis die alten, männer- und gewaltzentrierten Lesarten von Evolution langsam durch ein balancierteres Bild ersetzt werden. Klar werde ich versuchen, in Publikationen und Vorträgen meinen Teil dazu zu tun, aber Illusionen, dass es schnell und leicht gehen würde, mache ich mir da nicht…

  21. @Jürgen Bolt: Matronenkulte

    Lieber Herr Bolt,

    oha, das ist ja wirklich ein ganz spannender Hinweis – vielen Dank! (Auch) hier haben wir also Spuren weiblicher Kultformen, die später (!) durch männliche Kultbünde ergänzt wurden. Das kannte ich so noch nicht – und bin in der Tat verblüfft, wie gut sich das in oben geschilderte Szenario einfügt.

    Danke für den spannenden Hinweis, ich werde mich da auf jeden Fall mal vertieft einlesen und schauen, ob ich solche Orte in nächster Zeit auch mal selbst besuchen kann.

    (Womit bewiesen wäre: Wissenschaftliche Blogs erlauben genau solche Aha-Momente und Hinweise! Danke, das ist top!)

  22. @blume Antike etc.

    Hh ich meine nicht das Frauen von Männern zur Religion gezwungen werden; ich will uns Männer ja nicht noch schlechter machen als wir sind 😉

    Ich meinen nur, dass die tragende Rolle der Frauen keine Notwendigkeit für den Erfolg einer Religion ist, gerade auch wenn diese Religion in einer männerdominierten Gesellschaft stattfindet.

    Natürlich hatten die Frauen in einigen antiken Religionen wichtigere Rollen .. da waren die Frauen und Männer ggf. gemeinsam an der Macht beteiligt – das machte diese Religionen für die Frauen sicherlich deutlich attraktiver als wenn man nur als “Pforte zur Hölle” gesehen wird.

  23. Ein weiterer Grund für Menschen, nicht aus der Kirche auszutreten, ist schlicht Opportunismus. Hierzulande muss die Konfessionszugehörigkeit offengelegt werden, wodurch in Bereichen, wo die (kath.) Kirche als Arbeitgeber fungiert (Altenheime, Krankenhäuser, Kindergärten), man sich als Konfessionslose(r) einen dicken Minuspunkt einhandelt. Wer in einer solchen katholischen Einrichtung beschäftigt ist und seine Konfession wechselt oder verlässt, verliert in der Regel seinen Arbeitsplatz.

  24. @Balanus

    Völlig richtig!

    Dazu kommt auch die “Gemeinschaft”, die kirchliche Einrichtungen teilweise anbieten.

    Man kann aber durchaus Mitglied sein oder an solchen Einrichtungen teilnehmen ohne religiös oder gläubig zu sein.

    Mitmachen ist halt nicht zwangsläufig mitglauben 😉

  25. @Sascha Bohnenkamp

    Okay, damit bin ich einverstanden. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die Umweltbedingungen (Wirtschaft, Gesellschaft, Politik etc.) ganz entscheidend darüber mit-entscheiden, welche Traditionen und auch Geschlechterrollen sich jeweils durchsetzen. Aber ich kann keinerlei Anzeichen dafür sehen, dass Menschen – und also Frauen und Männer – dabei die grundsätzliche Fähigkeit verloren hätten, ihre eigenen Interessen zu erkennen und zu vertreten. Darwin hatte an diesem Punkt m.E. Unrecht: Auch beim Menschen hat nicht “der Mann” die evolutionäre Herrschaft über “die Frau” errungen, stattdessen liegen Wechselwirkungen vor.

    (Bin froh, dass ich heute mal frei habe, sonst wäre mir die Debatte hier entgangen! 🙂 )

  26. @Balanus: Opportunismus

    Ja, Opportunismus war ja auch einer der Gründe, warum die massiv diskriminierten Kirchen in der “humanistischen” DDR so viele (vor allem männliche) Mitglieder verloren.

    Wenn Religionsgemeinschaften Privilegien erlangen, drohen sie Opportunisten anzuziehen. Wenn sie dagegen diskriminiert werden, wirken eher die wirklich Überzeugten mit. So änderte sich ja auch der Charakter der Kirchen, nachdem sie von einer verfolgten Minderheit zur römischen Staatskirche aufgestiegen waren – und zwar sicher nicht zum Positiven, auch nicht in Geschlechterfragen.

  27. @blume

    “Aber ich kann keinerlei Anzeichen dafür sehen, dass Menschen – und also Frauen und Männer – dabei die grundsätzliche Fähigkeit verloren hätten, ihre eigenen Interessen zu erkennen und zu vertreten. “

    Natürlich nicht, da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt.
    Ich denke, dass Frauen eher gefühlsbestimmter (spiritueller?) handeln/denken als Männer … aber daraus will ich sicher keinen Vor- oder Nachteil für ein Geschlecht konstruieren.

    Ggf. sind die “Leistungen” der religiösen Institutionen für den/die Einzelne/n halt wichtiger als die Inhalte ihres Glaubens.

  28. Dass Männer und Frauen psychologisch unterschiedlich ticken (im Schnitt!), ist wohl Fakt. Wäre schon interessant zu wissen, woher diese Unterschiede kommen. Was stammt unmittelbar aus der Stammesgeschichte und was ist lediglich eine Folge der gesellschaftlichen Prägung. Wobei die Empfänglichkeit für prägende Einflüsse sicherlich auch wieder evolutionär erklärt werden kann.

    Es ist gewiss kein Zufall, dass in den meisten Religionen die Kinder von klein auf religiös unterrichtet werden. Welchen Einfluss das auf die bewusste und willentliche Entscheidung für oder gegen die jeweilige Religionszugehörigkeit hat, wenn das Kind mental endlich reif dazu ist, ist wohl kaum zu unterschätzen.

    Interessant in diesem Zusammenhang auch die im Blog-Beitrag zitierte Studie von Li et al. (2009), gerade auch im Hinblick auf das opportune religiöse Verhalten: Die befragten Studierenden betonten ungeachtet ihres Geschlechts ausgerechnet dann ihrer Religiosität, wenn sie in einem Dating-Szenario mit attraktiven Mitbewerbern konfrontiert wurden. Auch hier kann man fragen, ob dieses Verhalten seine Wurzeln in der Stammesgeschichte hat, oder ob es schlicht die gesellschaftlichen Verhältnisse in Arizona widerspiegelt.

  29. @Sascha Bohnenkamp

    Ja, das sehe ich ganz genau so! Mir ist das z.B. so richtig bewusst geworden, als ich mich in den USA mit dem Mormonen auseinander setzte, deren theologische Lehren und Geschichtsdeutung mir an einigen Punkten sehr schwer nachvollziehbar erschienen. Aber das war und ist wohl nicht “das” evolutionäre Erfolgskriterium, die Mormonen wuchsen und wachsen auch aufgrund ihres demografischen Erfolges.
    http://www.chronologs.de/…ligion-born-in-the-usa

    Im Zusammenhang unserer Diskussion sehr interessant ist auch das Video, in dem die mormonische Kirche der Heiligen der Letzten Tage ihr aktuelles Frauen-, Familien- und Selbstbild darstellt:
    http://www.mormonen.de/…e-bedeutung-der-familie/

    In seinem Feuerbringer-Blog hat Andreas Müller ganz frisch und lesenswert ebenfalls über das Thema reflektiert:
    http://feuerbringer.com/…isten-schaffen-sich-ab/

    Mir bleibt an dieser Stelle nur zu sagen, dass ich dankbar für vieles und vielseitiges Nachdenken bin – da ich selbstverständlich auch nicht auf alles Antworten habe. Danke deswegen auch an dieser Stelle für die gute Debatte!

  30. @Balanus: Hervorhebung

    Eigentlich wollte ich mich jetzt wieder etwas aus der Debatte ziehen und lieber wieder aufmerksamer mit-lesen, aber Sie haben einen Absatz geschrieben, den ich voll unterschreiben kann und deswegen hervorheben möchte:

    Dass Männer und Frauen psychologisch unterschiedlich ticken (im Schnitt!), ist wohl Fakt. Wäre schon interessant zu wissen, woher diese Unterschiede kommen. Was stammt unmittelbar aus der Stammesgeschichte und was ist lediglich eine Folge der gesellschaftlichen Prägung. Wobei die Empfänglichkeit für prägende Einflüsse sicherlich auch wieder evolutionär erklärt werden kann.

    Das sehe ich ganz genau so!

  31. Männeremanzipation, @Blume Mithraskult

    Zufällig habe ich kürzlich das Buch: Peter van Ham, In den Bergen der Kopfjäger – Indiens wilder Nordosten, gelesen.
    Dort ist/war bei vielen Stämmen das Matriarchat stark entwickelt. Z.B. beim Khasi-Stamm wurde dies damit begründet, dass die Männer dauern auf Kriegszügen unterwegs waren. Deshalb mussten sich die Frauen zu Hause um alles kümmern.
    Die Männer haben daher kaum Rechte und müssen bei einer Scheidung zurück zur eigenen Mutter. Wenn keine Tochter vorhanden ist, wird eher ein Mädchen adoptiert, bevor ein Sohn den Besitz erbt.
    In Shillong gibt es sogar eine Emanzipationsbewegung für Männer, unterstützt durch fundamentalistisches Christentum.

    @Blume: lesenswertes zum Mithraskult: David Ulansey, Die Ursprünge des Mithraskults, Theiss Verlag
    Alexander von Prónay, Mithras und die Geheimen Kulte der Römer, Aurum Verlag.
    In beiden Büchern geht es um die astronomischen bzw. astrologischen Hintergünde des Mithraskultes. Und um die Basis für die Idee von Welt-Zeitaltern. Interessant deshalb, weil ja nach esoterischer Sicht das christliche Fischzeitalter durch das esoterische Wassermann-Zeitalter abgelöst werden soll; mit einer Höherentwicklung des Menschen (dies ist die Grundlage des Musicals ´Hair´, welches gleich mit dem Song ´Aquarius´ beginnt – wo diese Vorstellungen beschrieben werden; deswegen sind auch die sogenannten Nahtod-Erlebnisse so wichtig für die Esoterik. Man betrachtet sie als Zeichen für eine solche Entwicklung (übersinnliche Wahrnehmung))

  32. @KRichard

    Apropos Nahtod: Gibt es Daten zur Geschlechterverteilung der NTEs oder Hinweise auf geschlechtsabhängige Interpretationen solcher Erlebnisse?

  33. @Mona

    Ja, die komplexe Realität will sich einfach nicht in einfache Modelle zwängen lassen! Da leide ich als Mann drunter, andererseits darf dann halt immer weiter geforscht werden! 😉

    Wobei ich betonen möchte, dass ich das “anders ticken” von @Balanus auch durchaus als positiv verstand. So finde ich das Status-Gehabe unter Männern oft ätzend und schädlich und sehe, dass manche Mütter aus nachvollziehbaren Gründen z.B. den Wert von Leben, sozialen Beziehungen, einer intakten Umwelt etc. höher einschätzen. Hätte man diese – z.B. von Brown Blackwell vs. Darwin – formulierte Perspektive stärker gewürdigt, wäre m.E. nicht nur die Evolutionsforschung heute deutlich weiter und hätte sich und uns allen manchen sozialdarwinistischen Schwachsinn (wie die Behauptung minderer Intelligenz von Frauen oder Minderheiten) erspart… Ohne (gegenseitigen) Respekt sehe ich kein Verstehen, nicht zwischen den Wissenschaften und auch nicht zwischen den Geschlechtern.

  34. Kulturvergleichende Psychologie

    Lieber Michael,

    M.E. spielen bei den erwähnten Unterschieden zwischen Männern und Frauen kulturelle Unterschiede in der Erziehung die größte Rolle. Wie Du weißt, beschäftige ich mich mit asiatischen Religionen und Philosophien und da fällt mir immer wieder die unterschiedliche Denkweise zwischen Ost und West auf. In “Gehirn und Geist” gab es dazu auch mal einen Interessanten Artikel. Darin fällt auf, dass z.B. Japaner ganzheitlicher denken, was ja auch in ihrer Kultur verankert ist. Dazu heißt es:
    “Asiatische und westliche Kulturangehörige scheinen sich demnach systematisch darin zu unterscheiden, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten, wenn sie Bilder betrachten. Die Ursache für die objektorientierte westliche Wahrnehmung liegt vermutlich in der jahrtausende alten philosophischen Tradition des antiken Griechenlands begründet. So führte die reduktionistische Denkweise und das Formulieren kausaler Gesetzmäßigkeiten zu den Modellen der Mechanik, Astronomie und axiomatischer Geometrie, während gleichsam als Gegenentwurf die wissenschaftlich nicht minder erfolgreiche ganzheitliche, holistische Tradition des Ostens entstand. “

    Die kostenfreie PDF-Datei findet sich hier: http://www.spektrum-campus.de/artikel/839490

    Meine Frage wäre nun: Könnte sich die unterschiedliche Denkweise, von der Du sprachst, nicht ähnlich entwickelt haben? Heutzutage erzieht man die Kinder ja nicht mehr in so strengen Rollenklischees wie früher, und siehe da, die Unterschiede in der Denkweise werden wieder kleiner.

  35. @Mona

    » Ja, jetzt bräuchten wir nur noch den Beweis dafür, dass Frauen anders ticken, dann könnte Mann sich entspannt zurücklehnen. «

    Wieso könnte der Mann sich dann entspannt zurücklehnen? Studien, die im Mittel einen nicht-zufälligen mentalen Unterschied zwischen den Geschlechtern zutage gefördert haben, gibt es zuhauf (1). Nur ein Beispiel (im Radio gehört): Man hat Jugendliche (Schüler) befragt, welche beruflichen Perspektiven sie für sich so sähen (Jungs waren im Gegensatz zu Mädchen wie erwartet eher karriereorientiert). Dabei spielt es letztlich keine Rolle, inwieweit lediglich Rollenbilder übernommen wurden. Allein, dass es solche Geschlechterrollen gibt, sagt doch schon (fast) alles.

    Zurücklehnen kann der Mann sich angesichts dieser Befunde deshalb nicht, weil wir es im alltäglichen Leben selten mit Menschen als statistische Größen zu tun haben, sondern fast ausschließlich mit Individuen.

    Verstehe ich Sie richtig, dass Sie bestreiten, dass Frauen eher zu Religiosität, Aberglauben, Esoterik, Astrologie und dergleichen neigen als Männer, aus welchen Gründen auch immer? (Im statistischen Mittel, wohlgemerkt.)

    (1) Eine Behauptung aus dem Bauch heraus ;-), allerdings gestützt auf das, was Martina Grüter kürzlich schrieb: “Dann möchte ich noch einmal eines klarstellen: wenn ich davon rede, dass Männer und Frauen Dinge anders sehen, dann heißt das nicht, jeder Mann sieht die Dinge anders als jede Frau. Es geht hier immer um die große Zahl. Nicht jeder Mann ist wettbewerbsorientierter als jede Frau. Aber bei bestimmten Verhaltensweisen bekommen wir eben eine zweigipfelige Kurve.
    Wenn Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich sind, heißt das nicht, dass sie in biologischer, psychologischer und sozialpsychologischer Sicht gleich sind.”

  36. @Balanus

    Sie schrieben: “Studien, die im Mittel einen nicht-zufälligen mentalen Unterschied zwischen den Geschlechtern zutage gefördert haben, gibt es zuhauf (1). Nur ein Beispiel (im Radio gehört): Man hat Jugendliche (Schüler) befragt, welche beruflichen Perspektiven sie für sich so sähen (Jungs waren im Gegensatz zu Mädchen wie erwartet eher karriereorientiert). Dabei spielt es letztlich keine Rolle, inwieweit lediglich Rollenbilder übernommen wurden. Allein, dass es solche Geschlechterrollen gibt, sagt doch schon (fast) alles.”

    Nun, ich schrieb es ja schon Michael, dass ich hierfür größtenteils die unterschiedliche Prägung und Erziehung verantwortlich mache. Und natürlich werden hier Rollenbilder übernommen, ganz klar. Woran sollten sich Kinder denn sonst orientieren, an Statistiken?

    “Verstehe ich Sie richtig, dass Sie bestreiten, dass Frauen eher zu Religiosität, Aberglauben, Esoterik, Astrologie und dergleichen neigen als Männer, aus welchen Gründen auch immer? (Im statistischen Mittel, wohlgemerkt.)”

    Wo habe ich etwas darüber gesagt?

    “Wenn Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich sind, heißt das nicht, dass sie in biologischer, psychologischer und sozialpsychologischer Sicht gleich sind”

    Dies gilt natürlich für alle menschlichen Individuen, oder sollte man da etwa Homosexuelle ausschließen? Leider scheinen Sie meine Links nicht gelesen zu haben.
    Im Übrigen geht es mir hier nicht um einen Krieg der Geschlechter, deshalb möcht ich mit den Worten von Michael Blume schließen: “Ohne (gegenseitigen) Respekt sehe ich kein Verstehen, nicht zwischen den Wissenschaften und auch nicht zwischen den Geschlechtern.”

  37. Ironie ff @Mona / JBolt

    Da hat sich ja mächtig viel getan, oh Mann oh Mann bzw. geschlechtsneutral oh man oh man… Ja ein bisschen querschießen wollte ich UND ein bisschen provozieren. Das mit „Frau am Herd“ und „Kinder, Küche, Kirche“ hat ja dann auch aufgeregt. Hinter den traditionellen Schlagworten hätte natürlich das Stückchen Ironie sichtbar werden können. Danke @Jürgen Bolt für die Werbung um Verständnis. Nun, ich denke wirklich, dass unser Verhalten Wurzeln hat, die bis in die Jäger-Sammler-Zeit zurückreichen. Und in Bezug auf die Frauen eben auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie für den Erhalt eines Stammes wichtiger sind und deshalb aus gewissen Gefahren herausgehalten wurden, z.T. noch werden. Aber sonst wollte ich aus den Seins-Aussagen über unsere Wurzeln keine Sollens-Aussagen für heute machen. Doch eben ein bisschen provozieren. Natürlich muss mit geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen dann auch unser Verhalten sich ändern (bzw. das ist ja eine Wechselwirkung). Aber Änderungen, bei denen die Wurzeln nur abgeschnitten würden, wären u.U. so radikal, dass es weh tut.
    Nun, als Ausdruck dieser Änderungen können auch verschiedene Götterbilder entstehen. Dazu wollte ich allerdings auch drauf aufmerksam machen, dass weibliche Gottesbilder nicht unbedingt Frauenmacht symbolisieren – so wenig wie (um nochmals ein bisschen zu provozieren) weibliche Bilder auf/in Illustrierten oder in der Ausstattung von Wohnungen oder Festsälen.
    Na, und dann fällt mir wiederum ein: Die Griechen mit ihrem reichen Götterhimmel verteilten die Geschlechter der Götter nicht unbedingt entlang den bei ihnen (und sonst auch häufig) anzutreffenden Rollenverteilungen. Warum ist Artemis gerade zur Jagdgöttin geworden? Und bei Athene geht’s wild durcheinander. Aber Hestia/Vesta ist doch für den Herd zuständig – ich schaute eben auch grad mal schnell in Wikipedia nach. Diese Rollenverteilung zu untersuchen wäre vielleicht auch mal ganz „lustig“.
    Und in der Kirche, selbst in der katholischen, lässt sich immer wieder beobachten, dass (von Männern) dogmatisch Festgezurrtes durch Frauen immer wieder ausgehebelt oder unterlaufen wird. Man könnte auch sagen: Gerade Frauen sorgten öfters schon dafür, dass dogmatisch Überkleistertes wieder so zurecht gerückt wird, wie es in der ursprünglichen christlichen Botschaft (die gar nicht so eindeutig frauenfeindlich war) einst auch gemeint war. Aber das wäre mal ein eigenes Thema. Aber wer immer nur klerikale Männeräußerungen für religiös authentisch oder verbindlich hält, verliert leicht den Blick für diese andere Seite der Medaille, für die „bessere Hälfte“ 😉

  38. Studie von Kenrick, Li u.a. – @Balanus

    Interessant, Balanus, und bemerkenswert, dass gerade Sie die Studie von Kenrick, Li und anderen so betonen, die Michael Blume im Blogbeitrag so nebenher nannte, dass ich sie fast nicht wahrgenommen und den Artikel „Religious Piety as a Mating Strategy“ erst jetzt denn (mal schnell)
    doch gelesen habe. Ist doch Wasser auf die Mühlen der Adaptionsthese. Oder hätten Sie Hinweise, dass es eher nur „die gesellschaftlichen Verhältnisse in Arizona widerspiegelt“?

  39. @Mona

    “Verstehe ich Sie richtig, dass Sie bestreiten, dass Frauen eher zu Religiosität, Aberglauben, Esoterik, Astrologie und dergleichen neigen als Männer, aus welchen Gründen auch immer? (Im statistischen Mittel, wohlgemerkt.)”

    » Wo habe ich etwas darüber gesagt? «

    Nun, Sie meinten doch, es gäbe keine Beweise dafür, dass Männer und Frauen unterschiedlich tickten.

    Also, Sie sehen, wenn ich Sie nun richtig verstehe, diese von mir aufgezählten Unterschiede zwar auch, führen sie aber allein (oder hauptsächlich?) auf eine unterschiedliche Erziehung von Jungen und Mädchen zurück.

    Ich habe Ihre Links übrigens schon kurz überflogen. ‘s waren halt viele altbekannte Argumente darunter, die mich nicht recht überzeugen können.

    Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Klar gibt es Prägungen durch Erziehung (siehe die von Ihnen genannten kulturellen Unterschiede). Aber warum sollten sich die Geschlechterunterschiede nur auf wenige Organe beschränken? Und ich meine jetzt nicht die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale. Sie wissen doch, das wichtigste Sexualorgan des Menschen ist sein Gehirn.

    » Im Übrigen geht es mir hier nicht um einen Krieg der Geschlechter,… «

    Das hatte ich auch nicht angenommen.

  40. Arizona /@H.Aichele

    » Interessant, Balanus, und bemerkenswert, dass gerade Sie die Studie von Kenrick, Li und anderen so betonen,… «

    Tja, da können Sie mal sehen… 🙂

    Zum einen passt es, wie ich meine, zum opportunen Verhalten: Ich betone meine Religiosität, wenn es mir nutzt (in diesem Falle, um gegenüber Mitbewerbern besser dazustehen).

    Zum anderen wollte ich auch die Aufmerksamkeit auf den Begriff “Mitbewerber” lenken: Die Arbeit von Li, Y.J., Cohen, A.B., Weeden, J., & Kenrick, D.T. trägt schließlich den Titel: “Mating Competitors Increase Religious Beliefs.”

    Ich verbinde mit dem Begriff “Competitor” eher ‘Kampf’ und ‘Jagd’, und weniger “Kooperation”. Das heißt, diese experimentelle Studie stützt eher Darwins Sicht als die von Michael Blume.

    » Ist doch Wasser auf die Mühlen der Adaptionsthese. «

    Ja, mein erster Gedanke war auch, das die Sache prima zur Gretchenfrage, also zur sexuellen Selektion, passt: Wenn Konkurrenten anwesend sind, wird die Religiosität betont, ansonsten nicht. Klassisches Balzverhalten.

    Allerdings darf man nicht vergessen, dass hier besondere Frömmigkeit nur vorgetäuscht wird. Was dieser Umstand für die Adaptions- oder Byprodukt-Hypothese der Religiosität bedeutet, ist mir noch unklar.

    » Oder hätten Sie Hinweise, dass es eher nur „die gesellschaftlichen Verhältnisse in Arizona widerspiegelt“? «

    Was hätten diese Versuche in Europa an einer überwiegend säkularen Uni wohl erbracht?

  41. Rollenverteilung @Aichele

    Sie schrieben: “Nun, ich denke wirklich, dass unser Verhalten Wurzeln hat, die bis in die Jäger-Sammler-Zeit zurückreichen. Und in Bezug auf die Frauen eben auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie für den Erhalt eines Stammes wichtiger sind und deshalb aus gewissen Gefahren herausgehalten wurden, z.T. noch werden.”

    Nun, mit diesem Denken sind sie unter Männern nicht allein. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber wenn man diese Debatte nicht auf Stammtischniveau führen will, dann muss man auch eine unvoreingenommene Sicht auf die Dinge haben. Und wie es aussieht haben sich unsere Vorväter, auch Charles Darwin, für eine falsche Sicht auf die Rolle der Frau in der Steinzeit entschieden, da es ihnen in dieser Beziehung offensichtlich nicht möglich war ein anderes Frauenbild, als das ihrer Zeit, zu akzeptieren. “Die Männer waren nach dieser sehr speziellen Version der Menschheitsgeschichte seit Millionen von Jahren die Ernährer der Familie, die auf der Jagd ihr Leben riskiert haben, um Fleisch nach Hause zu bringen. Frauen waren von Männern abhängig, was die Ernährung angeht, denn für die Jagd waren sie ja nicht geeignet. Sie haben sich vor allem mit filigranen Handarbeiten und den Kindern beschäftigt und sich kaum je aus der Höhle gewagt – höchstens, um in der unmittelbaren Nähe einige Beeren zu pflücken.” Heutzutage geht man aber davon aus, dass dieses Bild falsch ist! Was “Archäologen, Anthropologen und Völkerkundler heute wirklich über die Lebensweisen der frühen Menschen sagen, sieht ganz anders aus: Der Mann als Jäger und Ernährer ist nichts als “ein Konstrukt der Forschungsgeschichte”(…)Bei vielen Völkern erbeuten die Sammlerinnen auch Tiere: sie stellen Hasenfallen, fangen Fische, Eidechsen und Schlangen. Männer gehen eher in Gruppen auf Großwildjagd, doch gerade diese Jagden sind Treibjagden, bei denen viele gebraucht werden, und wo Frauen eingebunden sind. Besonders bei Eskimos und nordamerikanischen Indianern, wo die Ernährung ganz entschieden von Fleisch und Fisch abhängt, gibt es Jägerinnen. Die Arbeitsteilung hat also nichts mit grundlegend anderen kognitiven Fähigkeiten zu tun. Die sind im übrigen zwischen Männern und Frauen sehr gleich verteilt – wo es Unterschiede gibt, sind sie gering, und die Überlappungen bei beiden Geschlechtern überwiegen bei weitem. Sie sind sogar so groß, dass es keinen kognitiven Test gibt, mit dem man sicher vorhersagen könnte, ob man einen Mann oder eine Frau vor sich hat.”
    Zitate von hier: http://www.wdr.de/…ge/2005/0503/06_evolution.jsp

  42. @mona

    Ich muss was übersehen haben .. wo ging es hier um geschlechtsspezifische kognitive Fähigkeiten?

    Da dürften die “Unterschiede” wohl eher antrainiert sein.

  43. @mona

    abgesehen davon, dass der Text von einer religiösen “Propagandaseite” kommt unterscheidet sich das angeblicher Herabsetzen der Frau in keiner Weise, von entsprechenden Aussagen aus der Bibel oder dem Koran.

    Darwin ist in einer christlich dominierten Gesellscahft aufgewachsen und konnte sich davon sicher nicht ganz befreien.

    Allerdings hätte ich gerne wenigstens einen Namen eines bedeutenden Evolutionisten, der die Frauen als eigene Gattung sieht.

    Vermutlich ist das zu nahezu 100% nichts als Propaganda.

    ps.: Sozialdarwinusmus hat mit Darwin soviel zu tun wie Meerschwein mit Meer oder Schwein.

  44. Sascha Bohnenkamp

    “Sozialdarwinusmus hat mit Darwin soviel zu tun wie Meerschwein mit Meer oder Schwein.”

    Schon klar! Allerdings wird heutzutage vermehrt versucht angebliche Geschlechtsunterschiede mit der Evolution zu begründen. Für Frauen macht es aber kaum einen Unterschied, ob sie nun im Namen der Bibel, des Korans oder der Evolution diskriminiert werden.

  45. @mona

    “Für Frauen macht es aber kaum einen Unterschied, ob sie nun im Namen der Bibel, des Korans oder der Evolution diskriminiert werden.”

    Natürlich!

    Ich hatte nur befürchtet jemand würde meinen ich würde Frauen diskriminieren wollen … nichts liegt mir ferner 😉

  46. Sascha Bohnenkamp

    “Ich hatte nur befürchtet jemand würde meinen ich würde Frauen diskriminieren wollen … nichts liegt mir ferner ;)”

    Weiß ich doch 😉

  47. @Sascha Bohnenkamp

    “Allerdings hätte ich gerne wenigstens einen Namen eines bedeutenden Evolutionisten, der die Frauen als eigene Gattung sieht.”

    Das ist ein wichtger Punkt. Gerade in den Diskussionen “auf Stammtischniveau” wird gerne so getan, als seien Männer und Frauen zwei Gattungen, die sich auf verschiedene Lebensräume spezialisiert haben. Der Mann auf die Jagd, die Frau auf die Beerenlese.

    Das Problem dabei ist: Männer haben mehr als 50% ihres Genoms von der Mutter. Frauen fast 50% von ihrem Vater. Wenn ein Mann also durch eine Mutation einen leichten Vorteil in der Jagd erlangt und dadurch einen Evolutionsvorteil hatte, hat er diesen Vorteil auch an seine weiblichen Nachfahren vererbt.

    Es ist also evolutionstheoretisch nicht leicht einzusehen, warum solche Fähigkeiten schon auf genetischer Ebene geschlechtsspezifisch sein sollten.

    Dass eine geschlechtsspezifische Spezialisierung bis in unsere Zeit tradiert wurde, ist da schon eher vorstellbar.

  48. Natur vs. Kultur?

    Also, ich komme immer stärker zu der Auffassung, dass das alte Gegensatzpaar Natur gegen Kultur nicht weiterhilft. Kulturelle Formbarkeit ist ein erfolgreicher Aspekt unserer Natur, nur so konnte unsere Spezies z.B. alle Klimazonen meistern. Kultur wäre demnach kein Gegensatz zur Natur, sondern ihre jeweilige Konkretion.

  49. @Balanus: Kenrick et al.

    Der Punkt ist ja gerade, dass Kenrick et al. eigentlich auf Basis der Hypothesen zur sexuellen Selektion erwarteten, dass die Probanden Religiosität signalisierten, wenn sie mit potentiellen Partnern des anderen Geschlechts konfrontiert wurden. Das wäre zu erwarten, wenn “Balzverhalten” vorliegt.

    Das Ergebnis fiel jedoch völlig gegensätzlich aus: Religiosität wurde v.a. gegenüber Akteuren des eigenen Geschlechts signalisiert!

    Statt jedoch die gescheiterte Hypothese zu verwerfen, wollte die Gruppe sie mit einer Umwegerklärung retten: Nun werden die gleichgeschlichten Anderen zu “Wettbewerbern”, die man mit Religiosität quasi abschrecke.

    Mit den sonstigen Befunden der Evolutionsforschung zur Religiosität passt das Null zusammen. Daher schlage ich vor, gerade auch an dieser Stelle endlich die darwinistischen Kampf- und Konkurrenzszenarien als zu einseitig zu erkennen. Religiosität wirkt als Signal für in-group-Kooperation – und wird entsprechend eher durch mögliche Kooperationspartner aktiviert. Und es dürften Frauen gewesen sein, die die ersten Kooperationsnetzwerke begründeten, bevor Männer hinzu traten. So stellt es sich heute beobachtbar dar und ich halte dies auch für die derzeit plausibelste Annahme der evolutionären Entstehung.

  50. Zwei Gattungen?

    Dass Männer und Frauen so unterschiedlich aussehen, mag Zufall sein, wahrscheinlicher aber ist es das Ergebnis evolutionärer Entwicklungen (natürliche und vor allem sexuelle Selektion).

    Die Geschlechtsorgane z.B. entwickeln sich aus undifferenzierten Anlagen erst unter dem Einfluss der Hormone in die eine oder andere Richtung. Warum ist es so undenkbar, dass sich auch das Gehirn (und somit Verhaltensneigungen und Präferenzen) unter dem Einfluss der Geschlechtshormone leicht unterschiedlich ausdifferenziert (unterhalb der Messschwelle heutiger Messmethoden)? Es ist doch keine Illusion, dass Männer z.B. eher zu Gewaltverbrechen neigen als Frauen. Die Verbrechensstatistiken sind da ziemlich eindeutig.

    Evolutionstheoretisch bereitet der Geschlechtsdimorphismus also überhaupt keine Probleme. Und oft genug ist es das männliche Geschlecht, das in der Natur den Kürzeren gezogen hat.

  51. Kenrick et al. @Michael Blume

    Nun, wenn ich das Experiment richtig verstanden habe, dann haben die Probanden quasi an einem Online-Dating teilgenommen, bei dem sie die Attraktivität der gezeigten Männer und Frauen bewerten sollten. Für die Männer waren die gezeigten Damen potentielle Partnerinnen, die anderen Männer wurden wohl zwangsläufig als Mitbewerber angesehen. Und diesen gegenüber hat man die eigene Religiosität betont, um besser dazustehen (das gleiche gilt umkehrt für die Frauen). (Das ist vielleicht kein klassisches Balzverhalten, insoweit könnten Sie Recht haben).

    Zur Verdeutlichung ein Ausschnitt aus der Diskussion des Papers, mit Hervorhebungen durch mich:

    “Several caveats are important. First, the current findings do not specify exactly what mechanisms drive the increases in self-reported religiosity. For example, high ratings of religiosity could be the result of self-presentation as religious or an actual change in religiosity. These would reflect different strategies in response to sex ratios. People could, for example, be reporting more religiosity to be more attractive in a context in which there are many same-sex competitors. People might report more religiosity if they seek to exploit a different niche to find mates (e.g., a religious niche rather than a university niche).
    As a second caveat, these results do not imply that religious beliefs are only determined by mating goals.

    Dass hier per Religiosität keine geschlechtsinterne Kooperationsbereitschaft signalisiert wurde, ergibt sich wohl eindeutig aus der Dating-Situation heraus. Schließlich befinden wir uns in Arizona… 😉

  52. Frauen und Männer

    Insbesondere ist auf männlicher Seite eine viel größere Merkmalsvarianz festzustellen, auch bei der Intelligenz (sehr hohe und niedrige Intelligenz ist typisch männlich). Hier spielen z. T. die Chromosomen (XY vs. XX) eine Rolle.

    Evolutionstheoretisch ist das vorteilhaft, da im männlichen Geschlecht eine viel stärkere Selektion stattfindet. Anders gesagt: Der relative Fortpflanzungserfolg variierte üblicherweise bei Männern viel stärker als bei Frauen.

    Beim Menschen wird aber z. T. auch umgekehrt selektiert (d.h. auch bei den Frauen), und zwar aufgrund der langen Paarbindungen (Männer sind bei Affären wenig wählerisch, bei längeren Bindungen aber sehr). Das ist der Grund, weswegen beim Menschen Frauen schön sind (bei Tieren ist es meist umgekehrt). Das männliche Selektionskriterium ist nicht Schönheit, sondern sozialer Erfolg/Status. Da Frauen meist sehr jung vermählt wurden (das Leben war kurz, die Sterblichkeit hoch, also mussten sie sehr früh mit dem Kinderkriegen anfangen), gab es außer Schönheit, Herkunft, körperliche und geistige Fitness kaum Selektionskriterien für sie.

    Die Vorstellung, dass sich Frauen in der Altsteinzeit massiv an der Jagd beteiligt haben, halte ich fast für frauenfeindlich. Frauen hatten Wichtigeres zu tun als zu jagen. Die Nachwuchsarbeit hatte immer Vorrang (dieser Gedanken hat sich erst seit wenigen Jahren verflüchtigt). Milupa und Pampers gab es auch noch nicht.

    Es gibt sehr viele Naturvölker (selbst die Irokesen mit ihrem Mutterrecht), bei denen eine strikte Arbeitsteilung eingehalten wird. Winnetou und “Der mit dem Wolf tanzt” mögen hier aufschlussreich sein. In der Natur ist die sexuelle Arbeitsteilung sehr vorteilhaft.

    Eine besondere Frauenfeindlichkeit bei Darwin kann ich nicht erkennen. Der Mann hatte die größten Probleme, einer patriarchalischen Gesellschaft seine sexuelle Selektion zu verkaufen, die die Priorität des Weiblichen in den Vordergrund stellte (Dawkins hat sie bis heute nicht verstanden). Dass er sich oftmals seiner Zeit entsprechend geäußert hat, halte ich für entschuldbar.

    Der Sozialdarwinismus hat nichts mit Darwin zu tun, allerdings sehr viel mit dem Darwinismus. Bis heute ist die Darwinsche Evolutionstheorie so formuliert, als gäbe es nur Wildnis. Sie hat keine Begrifflichkeiten für Zivilisation. Das macht ihre Anwendung auf Probleme der Religionswissenschaften ein wenig problematisch, um es mal harmlos auszudrücken.

  53. @Lena: Darwins Frauenbild

    Selbstverständlich war Darwin ein Mann seiner Zeit – allerdings gelang es z.B. seinem Zeitgenossen und Mitentdecker der Evolutionstheorie (und Christ) Alfred Russel Wallace durchaus, ein sehr viel positiveres Frauenbild zu entwickeln. Und mit Pastorin Antoinette Brown Blackwell erhob sich auch eine weibliche Stimme, die freilich bis in unsere Zeit hinein weitgehend überhört wurde. Es ist einfach nicht zu leugnen, dass auch im Namen der Naturwissenschaften Frauenverachtung und -diskriminierung formuliert wurden.

    Hier z.B. nochmal Charles Darwin, Abstammung des Menschen, Kapitel 19:
    http://www.chronologs.de/…ort-auf-charles-darwin

    “Der hauptsächlichste Unterschied in den intellectuellen Kräften der beiden Geschlechter zeigt sich darin, dass der Mann zu einer grösseren Höhe in Allem, was er nur immer anfängt, gelangt, als zu welcher sich die Frau erheben kann, mag es nun tiefes Nachdenken Vernunft oder Einbildungskraft, oder bloss den Gebrauch der Sinne und der Hände erfordern. Wenn eine Liste mit den ausgezeichnetsten Männern und eine zweite mit den ausgezeichnetsten Frauen in Poesie, Malerei, Sculptur, Musik (mit Einschluss sowohl der Composition als der Ausübung), der Geschichte, Wissenschaft und Philosophie mit einem halben Dutzend Namen unter jedem Gegenstande angefertigt würde, so würden die beiden Listen keinen Vergleich mit einander aushalten. Wir können auch nach dem Gesetze der Abweichungen vom Mittel, welches Mr. Galton in seinem Buche über erbliches Genie so gut erläutert hat, schliessen, dass wenn die Männer einer entschiedenen Ueberlegenheit über die Frauen in vielen Gegenständen fähig sind, der mittlere Maßstab der geistigen Kraft beim Manne über dem der Frau stehen muss.”

    Das “Argument” vermeintlich niederer Intelligenz, das auch heute wieder gegen Minderheiten und arme Menschen gebraucht wird, wurde über Jahrzehnte in der Biologie gegenüber Frauen gebraucht.

  54. @Balanus: Nicht undenkbar

    Ich habe nicht behauptet, dass es undenkbar sei, dass auch das Gehirn geschlechtsspezifisch ausdifferenziert. Ich habe nur darauf aufmerksam gemacht, dass das evolutionstheoretisch nicht so eindimensional erklärt werden kann. Die Tatsache allein, dass einige Eigenschaften nur für die jagenden Männer vorteilhaft ist, führt nicht notwendig dazu, dass diese Eigenschaft nur auf männliche Nachfahren vererbt wird. Solange die selbe Eigenschaft für Frauen nicht nachteilig ist, gibt es dafür keinen Grund.

    Natürlich ist es denkbar, dass es geschlechtsspezifische Unnterschiede gibt, aber wenn diese Unterschiede unterhalb der Messschwelle liegen, können wir halt wissenschaftlich nichts darüber aussagen.

    Übrigens sind Männer und Frauen gar nicht so unterschiedlich. Sie teilen sich ganz erhebliche Merkmale, die sie von anderen Primaten unterscheiden:
    -Die weitgehende Felllosigkeit
    -Den aufrechten Gang
    -Die Pigmentierung der Haut
    -Die opponierten Daumen.
    So gesehen sind sich Männer und Frauen sehr ähnlich. Wir haben ja nicht, wie es bei Vögeln oft der Fall ist, völlig unterschiedliche Federkleider und Körperhaltungen. Und dass die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale so ins Auge fallen liegt mehr an der Felllosigkeit als daran, dass sie besonders ausgeprägt wären.

    Das Gehirn entwickelt sich weitgehend vor der Pubertät. Auch das spricht eher gegen große mentale Unterschiede. Und dass die Verbrechensrate bei Männern höher ist, kann ebenso gut kulturell erklärt werden. Den ebenso eindeutigen unterschied in den durchschnittlichen Gehältern bei vergleichbarer Ausbildung kann man ja auch nicht direkt genetisch erklären.

  55. Stammtisch @Mona

    Warum Sie bei den von mir vorgebrachten Gesichtspunkten Stammtisch-Niveau befürchten und mich davor warnen, kann ich fast verstehen. Zuschreiben will ich mir’s natürlich nicht lassen. Aber mich genauer fassen. Nun, an Stammtischen wäre es wohl eher nach dem Muster gestrickt: Das ist in der Natur angelegt, war früher schon so und hat sich immer bewährt; und also muss es auch so sein . Wenn dann dabei nicht nur eine Unterscheidung angedeutet sondern etwas auf ein ehernes (göttliches oder natürliches) Schema festgezurrt wird, dann wird’s schlimm: Der Mann als tapferer Held, der sein Leben für Frau und Kinder riskiert – während die Frau zuhause am trauten Herd sitzt und häkelt. Wenn dann manche Männer noch meinen, das bisschen Haushalt, wird’s blöd.
    Ich möchte versichern, so ist’s nicht gemeint gewesen. Die Rollenverteilung wäre hier nicht nur überzeichnet sondern verzeichnet.
    Ich kenne die Rollenverteilungen in der traditionellen Landwirtschaft auch. Härteste Arbeit für alle, schon für kleine Kinder – und da besonders den Mädchen zudiktiert. Dabei allerdings auch Gelegenheit für Männer, sich Pausen zu verschaffen (z.B. am Stammtisch), die sich Frauen (und Kinder, insbesondere Mädchen) so nicht herausnehmen konnten. Eben, u.U. nicht einmal fürs Gebären richtig Zeit.
    Aber irgendwie gibt’s Rollenverteilungen, wenn sie nur nicht zum Diktat werden. Und ja, sie müssen sich wandeln können und haben sich immer wieder gewandelt. Nur, beim Wandeln muss man aufpassen, dass man immer wieder sieht, ob man manche Vorgaben/Erbschaften aus unserer Evolution nur verdrängt oder sie wirklich bearbeitet (das sehe ich bei Mahnungen gegen den Fremdenhass ähnlich). Frauen haben natürlich mehr dafür getan als Männer; und – jetzt meine ich beide Geschlechter – wir alle müssen aufpassen, dass da nichts rückwärts abgewickelt wird.
    Rollenverteilungen gab’s schon immer UND mit unterschiedlichem Maße; und sie gibt’s noch immer, auch im aufgeklärten Europa. Gibt ja auch Geschlechtsdimorphismus, der sich natürlich nicht nur aufs Äußere bezieht; und gibt unterschiedliche Hormon-Wirkungen (oder: Reaktionen auf Alkohol und andere Nahrungsmittel) . Über unterschiedliche Merkmalsvarianz (etwa auch in Bezug auf Intelligenz), wie sie Lena anführt, weiß ich bisher nichts. Vieles ist ja auch kulturell bedingt, also auch veränderbar. Ich stelle mir immer aber auch vor, dass möglicherweise unterschiedliche Vorlieben/Interessen/Fähigkeiten durchaus als natürliche Anlage (von mir aus: Puppenspielen/Technische Spiele) schon vorhanden sind aber eben durch entsprechende Erziehung dann unverhältnismäßig verstärkt werden – so dass eine etwa dem eigenen Geschlecht gegenläufige Vorliebe gar nicht mehr zum Vorschein kommen kann, weil sie nicht kommen darf. Na ja, das war eher bis vor wenigen Jahrzehnten so; man ist da wohl insgesamt offener geworden.
    Nur noch kurz: Gerade bei meinem Rückgriff auf (eine sehr häufige aber sicher nicht durchweg klare) Rollenverteilung bei Jäger-Sammlern müsste ja auch schon mitbedacht werden, dass diese überhaupt keine Idylle ist: Selbst wenn Frauen sich „nur“ in und um die Höhle sich aufgehalten haben sollten, hat diese Arbeit höchste Anforderungen gestellt: Verschiedenste Kleidungsstücke herstellen; Wasser besorgen, das Feuer pflegen, für die Gesundheit der Kinder ff sorgen, womöglich mit Haustieren umgehen – das Fleisch, das die Männer brachten, dann auch sachgerecht aufbereiten oder gegebenenfalls sachgerecht aufbewahren. Da stellte (falls sie nur das getan hätten) das Jagen lange nicht dieselben logistischen Anforderungen an die Männer. Und wenn schon, dann holten sie vielleicht die begehrteste Nahrung; aber die Haupternährer waren sie deshalb noch lange nicht. Ich stelle mir gerade für die Frühzeit und besonders für den Beginn der Landwirtschaft vor, dass Frauen da sehr viel kreativer waren – bei den Anforderungen in ihrem Umfeld sehr viel kreativer sein mussten.
    Also das ist jetzt das einzige Werturteil, das ich mit der Beschreibung unterschiedlicher Anforderungen an Frauen und Männer verknüpfe.
    So frauenfeindlich sollte es nicht gelesen werden. Aber wie eingangs gesagt, die Warnung vor Stammtisch-Niveau kann ich schon auch verstehen.

  56. @Joachim Schulz

    » Ich habe nicht behauptet, dass es undenkbar sei, dass auch das Gehirn geschlechtsspezifisch ausdifferenziert. «

    Ja, ich weiß, bei dieser Bemerkung mit dem “undenkbar” habe ich auch nicht speziell an Sie gedacht, sondern mehr so allgemein.

    » Natürlich ist es denkbar, dass es geschlechtsspezifische Unnterschiede gibt, aber wenn diese Unterschiede unterhalb der Messschwelle liegen, können wir halt wissenschaftlich nichts darüber aussagen. «

    Die “Messschwelle” bezog sich auf die von Mona verlinkten Artikel. Wenn man im Hirn-Scan oder in Schnittpräparaten keinen Unterschied zwischen Männlein und Weiblein feststellen kann, heißt das noch lange nicht, dass es keine gibt. Und es gibt ja nun auch noch andere Methoden, die Performance des Gehirns zu messen. Etwa mit Hilfe eines IQ-Tests. Oder mit irgendeinem der zahlreichen psychologischen Tests zum Verhalten.

    » Und dass die Verbrechensrate bei Männern höher ist, kann ebenso gut kulturell erklärt werden. «

    Schon, aber diese Erklärung hilft m.E. auch nicht weiter.

    Was passiert denn genau, wenn die Kultur einen Menschen “prägt”? Wirkt die Kultur etwa wie ein Prägestempel? Nein, mitnichten. Menschen eignen sich die Kultur aktiv an, sie wachsen buchstäblich in ihre kulturelle Umgebung hinein. Und dieses Aneignen der Kultur hängt von den jeweiligen Fähigkeiten und Eigenschaften des Individuums ab (z.B. reagiert der Organismus in ganz spezifischer Weise auf frühkindliche Gewalterfahrungen). Und hier schließt sich der Kreis: Am Ende ist alles Biologie ;-).

  57. @Michael Blume oder @Martin Huhn

    Gestern Nacht ist mir ein Kommentar zu Kenrick et al. mit einem englischen Zitat mal wieder im Spam-Filter hängen geblieben. Soll ich das Teil neu posten, oder besteht Aussicht, dass der Beitrag noch freigeschaltet wird?

    Schon jetzt schönen Dank für die Mühe.

    (Wäre es nicht angebracht, englischsprachige Zitate auf einem Wissenschaftsblog zuzulassen?)

  58. @Balanus: Konkurrenten in Arizona?

    Lieber @Balanus,

    Freischaltung ist passiert! 🙂

    Und Sie haben es ja schon selbst gemerkt: Douglas und sein Team interpretierten gleichgeschlechtige Andere automatisch als Konkurrenten – ohne, dass dies zwingend wäre. Schließlich sind unsere Vorfahren nicht in Online-Dating-Services evolviert, sondern in Situationen, in denen gleichgeschlechtiche Unbekannte entweder Feinde oder potentielle Verbündete sein konnten. In DIESER Situation Kooperationsbereitschaft zu signalisieren scheint mir nicht nur sehr viel stimmiger als die Umweg-Balz-These zu sein, sondern auch viel besser in die sonstigen Befunde zur Wirkung religiöser Signale zu passen.

  59. Freischaltung

    Danke! 🙂

    (War mein Post etwa schon länger freigeschaltet?)

    Zur Interpretation der Kenrick-Studie: Die Situation ist doch die der Partnerwahl, und die ist und war schon immer mehr oder weniger gleich, ob damals im Busch oder heute beim Online-Dating. Wenn ich auf Brautschau bin und sehe, dass da noch einige andere sind, die das Gleiche wollen, wieso sollte ich diese anderen dann als Kooperateure ansehen? Könnte ja sein, dass die anderen die gleiche Braut ins Auge gefasst haben wie ich…

    Also, mich überzeugt die Kooperationsthese überhaupt nicht. Kenrick et al. sehen das m. E. schon richtig. Aber zugegeben, dass sich hier so etwas wie ein Balzverhalten zeigen könnte, wäre mir auch einsichtiger, wenn nur die Jungs eine höhere Religiosität vorgetäuscht hätten. Aber auch die Frauen haben ja versucht, sich mittels betonter Religiosität attraktiver zu machen. Aber wie gesagt, das Ganze funktioniert wahrscheinlich nur in Arizona auf dem Campus.

    Was Kenrick et al. meines Erachtens nicht richtig sehen, ist, dass die Gegenwart von Paarungs-Mitbewerbern den religiösen Glauben erhöht. Hier wird, wie gesagt, stärkerer Glaube vorgetäuscht, bewusst oder unbewusst.

    Und zum Abschluss: Insgesamt denke ich nicht, dass die Ergebnisse dieser Studie verallgemeinert werden können.

    (Damit sollten wir es gut sein lassen 😉

  60. Rollenverteilung @H.Aichele

    Danke für Ihre ausführlichen Erklärungen. Ja, da sind wir uns also einig, dass es zwar eine geschlechtsspezifische Spezialisierung gegeben haben könnte, Frauen aber nicht zwangsläufig immer nur den leichteren Part hatten. Eine Rollenverteilung müsste m.E. aber nicht automatisch zu einer Diskriminierung führen. Niemand kann in einer Gesellschaft alle Aufgaben alleine erledigen, also gibt es eine Arbeitsteilung. Nun käme aber keiner auf die Idee, dass beispielsweise ein Koch weniger wert ist als ein Schuhmacher. Weibliche Familienarbeit wird aber abgewertet, oft damit begründet, dass sie nicht bezahlt wird. Zudem ist die Familienfrau vom Mann abhängig und muss sich ihm anpassen. In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch interessant, dass Frauen die stärker vom Mann abhängig sind, wie Hausfrauen, sich auch stärker zur Religion hingezogen fühlen:
    http://www.oif.ac.at/…D_Art=1&BZWArtikel=159

  61. @Balanus

    Sie merken schon richtig: Wenn sexuelle Selektion bzw. Balzverhalten vorläge, müssten sich die Geschlechter je komplett anders verhalten, als sie es auch bei Kenrick et al. taten. Aber ich schrieb ja im o.g. Artikel schon, dass es sicher Jahre dauern wird, bis sich neue, kooperative Szenarien gegen die klassisch-darwinistischen Kampf- und Konkurrenzannahmen durchgesetzt haben. Und ich ahnte da auch schon, dass Sie – wie auch beim Reproduktionsvorteil – wieder langen, hinhaltenden Widerstand leisten würden! 😉 Man weiß halt irgendwann, wie seine (auch männlichen) Pappenheimer “ticken”… 😉

  62. Selbstdefinition @Balanus

    Sie schrieben: “…Menschen eignen sich die Kultur aktiv an, sie wachsen buchstäblich in ihre kulturelle Umgebung hinein. Und dieses Aneignen der Kultur hängt von den jeweiligen Fähigkeiten und Eigenschaften des Individuums ab …”.

    Ja, da denken Sie ja richtig modern :-). Erinnert mich fast an die “Queer-Theorie”, die heutzutage von vielen jüngeren Menschen angeführt wird, wenn es um Geschlechteridentität geht. “Queer-Theorien gehen davon aus, dass Menschen sich selbst definieren sollen und dass diese Selbstdefinition die einzig gültige „Identitätserklärung“ ist.”

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Queer-Theorie

  63. Selbstdefinition und Queer-Theorie /@Mona

    Ja, die Richtung (der Queer-Theorie) stimmt, aber ich bin mir nicht sicher, ob diese Theorie wirklich eine biologische begründete Theorie ist, denn ich rede natürlich von den biologisch bedingten Fähigkeiten autonomer Organismen. Was ein lebendes System über die Umwelt erfahren kann, hängt ausschließlich von der Realisation der jeweiligen genetischen Instruktionen ab.

    (Und das ist keine wirklich neue Erkenntnis)

  64. @Michael Blume

    » Aber ich schrieb ja im o.g. Artikel schon, dass es sicher Jahre dauern wird, bis sich neue, kooperative Szenarien gegen die klassisch-darwinistischen Kampf- und Konkurrenzannahmen durchgesetzt haben. «

    Es wäre ja zu wünschen, wenn auch im Alltagsleben die Partnerwahl allein vom kooperativen Gedanken getragen würde und Nebenbuhler endlich als Kooperateure angesehen würden. Dann gäbe es auch keine Eifersuchtsdramen mehr und die Welt wäre insgesamt friedlicher.

    Ich fürchte, Sie werden noch eine Menge Überzeugungsarbeit leisten müssen… 🙂

  65. Konkurrenz und Wettbewerb/@Michael Blume

    Sarah Hrdy beschreibt in ihrem Buch “Mothers and others” auf Seite 286, wie sie sich die evolutionäre Entwicklung der speziellen mentalen und sozialen Fähigkeiten des Menschen vorstellt. Also jenen Fähigkeiten, die eng mit der Religiosität verknüpft sind.

    In einem ZEIT-Interview hat folgendes auf die Frage, wie gemeinsame Brutpflege eine kooperative und intelligente Art hervorbringen kann, geantwortet:

    “Der Schlüssel liegt bei den Kindern. Wenn sie von mehreren Bezugspersonen abhängig sind, brauchen sie mehr Fähigkeiten als ein Schimpansenkind, das alles von seiner Mutter automatisch bekommt: Sie müssen sich in ihre verschiedenen Pfleger hineinversetzen können und lernen, sie zu manipulieren. Je besser sie sich darauf verstehen, umso größer ihre Überlebenschance. So entstand unter den Kindern ein Wettbewerb hin zu immer mehr sozialer Intelligenz.”
    (ZEIT Nr. 48, 2009; Hvm)

  66. @Balanus: Kooperation

    Ja, lieber Balanus, m.E. hat Sarah Blaffer Hrdy (auch) hier völlig Recht – denn Kooperation ist ja eben nicht eine konsequenzlose Süßigkeit, sondern ein evolutionäres Erfolgsmodell. Deswegen nehmen sich z.B. Männer und Frauen keineswegs nur als “NebenbuhlerInnen” wahr, sondern knüpfen durchaus auch Allianzen und Freundschaften. Diejenigen von ihnen, die (auch) dazu in der Lage waren, pflanzten sich im Durchschnitt erfolgreicher fort – und so ist es, siehe obige Daten, auch heute noch. Die Evolution geht weiter! 🙂

  67. Rollen und Arbeitsteilung /@Mona

    » Niemand kann in einer Gesellschaft alle Aufgaben alleine erledigen, also gibt es eine Arbeitsteilung. Nun käme aber keiner auf die Idee, dass beispielsweise ein Koch weniger wert ist als ein Schuhmacher. «

    Es kommt nicht auf den Wert von Koch und Schuhmacher als Menschen an, sondern auf den Wert deren Arbeit. Und wie die bewertet wird, kann man an der Höhe des jeweiligen Einkommens ablesen.

    Wie konnte sich in religiösen Gesellschaften der Wettbewerbsgedanke derart stark verbreiten? Warum arbeiten nicht alle Menschen für das gleiche Gehalt?

    » In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch interessant, dass Frauen die stärker vom Mann abhängig sind, wie Hausfrauen, sich auch stärker zur Religion hingezogen fühlen: «

    Das ist natürlich interessant. Denn es zeigt, woher der Reproduktionsvorteil religiöser Menschen kommt. Es ist die dort vorherrschende traditionelle Rollenverteilung.

    In dem von Ihnen verlinkten Text der ÖIF findet sich folgende Passage:

    “Eine wichtige Rolle spielt […] das Lebensalter: Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Religiösen, sowohl bei Frauen als auch bei Männern.

    Dieses Faktum läßt sich damit erklären, daß Religion im Alter zunehmend den Effekt der Tröstung und Stärkung vermittelt, vor allem bei Menschen, die wichtige Bezugspersonen durch den Tod verloren haben.”

    Da habe ich große Zweifel, ob das so stimmt, dass mit zunehmendem Alter der Anteil der Religiösen steigt, also dass die Menschen im Alter (wieder) religiöser werden. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass im Alter, wenn der Dopaminspiegel im Gehirn sinkt, auch die Glaubensstärke zurückgeht (ganz abgesehen von der Lebenserfahrung vieler Menschen, die dem tradierten Gottesbild meist zuwiderläuft).

    Vielleicht weiß Michael Blume etwas dazu zu sagen.?

  68. @all: Fairness

    Passend zur hier stattfindenden Debatte über Evolution als (nur) Konkurrenz- oder auch Kooperationsgeschehen sowie die Frage, wie Kooperation auch zwischen den Geschlechtern besser gelingen könne, eine passende Meldung: Der Züricher Ökonom Ernst Fehr, der u.a. mit spieltheoretischen Experimenten zum “Samaritaner-Paradox” u.ä. bekannt geworden ist, erhält – einen Fairness-Preis! 🙂
    http://www.tagesanzeiger.ch/…aech/story/27654776

  69. @Michael Blume

    » m.E. hat Sarah Blaffer Hrdy (auch) hier völlig Recht«

    Dann hatte ich Sie wohl falsch verstanden, ich dachte, Sie würden bestreiten, dass “Wettbewerb” bei der Evolution der (sozialen) Intelligenz (und damit der Religiosität) eine Rolle gespielt haben könnte.

  70. @Balanus: Wettbewerb

    Oh, dann hat sich die Debatte auf jeden Fall gelohnt. Denn Kooperation kann m.E. keine Alternative zum Wettbewerb sein, sondern ein erfolgreicher Weg zu dessen Bestehen. Deswegen “kooperieren” die Milliarden Zellen unseres Organismus und Menschen in Stämmen, Unternehmen, Parteien und eben Religionsgemeinschaften. Ohne den religionsdemografischen Wettbewerb würde sich auch das reproduktive Potential von Religionsgemeinschaften nicht entfalten!
    http://www.chronologs.de/…-religi-ser-wettbewerb

    Was mich ärgert ist also nicht der Wettbewerbsgedanke an sich, sondern das Klischee, wonach ein Wettbewerb nur als Jagd- und Rangkämpfe zwischen Männern vorgestellt wird. Die Rolle von Frauen, Kindern und Familien – zunehmend gestützt durch religiöse Traditionen – in der Evolution des Menschen halte ich für mindestens gleichwertig!

  71. Konkurrenz und Sexuelle Selektion /@Michael Blume

    Okay, sicherlich gibt es auch Klischeevorstellungen vom Wettbewerb nur als Jagd- und Rangkämpfe zwischen Männern. Aber da wir keine Zeitreisen in die Vergangenheit unternehmen können, müssen wir auch die Möglichkeit von Konkurrenz und “Rivalenkämpfen” bei der Partnerwahl weiterhin offen halten. In Ihrem Artikel in den Mitteilungen der BGAEU schreiben Sie:

    Die Beteuerung eigener Religiosität wurde im Hinblick auf potentielle Kooperationspartner des je eigenen Geschlechtes (!) sehr viel stärker betont!

    Mit dem eingefügten “potentielle” sind Sie fein raus, denn die Partnerwahl-Konkurrenten können natürlich auch zu Kooperateuren werden. Vielleicht dient die unbewusste Betonung der eigenen Religiosität angesichts der Rivalen (und potentiellen Kooperateuren) ja deren Besänftigung.

    So, genug der Spekulationen, da gibt es noch einen anderen Punkt, der mir wichtig ist. Sie schreiben im Blog-Beitrag:

    Die von mir lange für möglich gehaltene und in der internationalen Evolutionsforschung immer noch populäre Hypothese, dass Religiosität über die direkte, sexuelle Selektion zwischen (Einzel-)Frau und (Einzel-)Mann evolviert sein könnte, erschien mir zunehmend schwächer. Es gibt einfach zu viele Einwände dagegen…

    .
    und in Ihrer Publikation:

    …entwickelte er [Darwin] dort zwei Theoriestränge: einmal zur Evolution des Menschen und zum zweiten zur Bedeutung der Partnerwahl (die sog. „sexuelle Selektion“) im Evolutionsprozess,…

    Ich weiß jetzt nicht, wie andere Leser das verstehen, aber in meinen Ohren klingt das so, als würden Sie den Akt der Partnerwahl mit “sexueller Selektion” gleichsetzen.

    Wenn dieser Eindruck entstünde und vor allem, wenn das so verstanden würde, dann wäre das sehr bedauerlich, denn Darwins sexuelle Selektion ist schließlich nur ein Evolutionsmechanismus, der auf dem selektiven Paarungsverhalten, also der Partnerwahl, basiert und der zur Erklärung bestimmter erblicher Merkmale dient.

    Im Übrigen: Wenn wir annehmen, dass die Evolution des menschlichen Großhirns und somit der kognitiven Fähigkeiten mit der Entwicklung der Fähigkeit zur Religiosität einherging, und wenn es stimmt, dass das evolutionäre Größenwachstum des Gehirns extrem rasant vonstatten ging, dann muss ein erheblicher Selektionsdruck in Richtung Hirnwachstum geherrscht haben. Da scheint mir neben Hrdys Vorstellungen von der natürlichen Selektion in der Kinderstube vor allem der Mechanismus der sexuellen Selektion als “treibende Kraft” sehr plausibel zu sein.

  72. Nachtrag

    Was dann später, also lange nach der Evolution der Fähigkeit zur Religiosität, im Zuge der Erfindung und Ausbreitung der Religionen so passierte, steht auf einem anderen Blatt. Das ist dann weniger eine Frage der biologischen Evolution (sexuelle Selektion etc.) denn von kulturellen Entwicklungen.

  73. Religiöses Prachtkleid @Balanus

    “Ich weiß jetzt nicht, wie andere Leser das verstehen, aber in meinen Ohren klingt das so, als würden Sie den Akt der Partnerwahl mit “sexueller Selektion” gleichsetzen.”

    In meinen auch! Und falls hier noch “sexuelle Selektion” mit “religiöser Selektion” vermengt wird, dann bekomme ich langsam Angst, dass ich mich auf einem dieser evangelikalen Fundamentalisten-Blogs befinde, wie sie in Amerika gerade zur Tea-Party gereicht werden. 🙂

  74. @Balanus & Mona: Reichweite sexuelle Selektion

    Eine muntere Debatte, juchhe! 🙂

    Und in der Tat: Genau an dieser Stelle setzte Antoinette Brown Blackwell’s Kritik an Darwin an. Er hatte das Konzept der sexuellen Selektion für auch die menschliche Partnerwahl bestimmend gehalten, wie es immer wieder am Beispiel des Pfauenschwanzes illustriert wird. Und da sich laut Darwin beim Menschen die Frau schmücke, sei dies also – so Darwin – ein weiterer Beleg dafür, dass beim Menschen der Mann die Wahl ausübe.

    Brown Blackwell hielt dem die vielen Beispiele aus dem Tierreich entgegen, in denen sich beide Geschlechter sehr ähnlich entwickelt hätten – z.B., weil hier auch die Männchen in den Aufzug der Kinder investierten. Und ich möchte hinzufügen: Beim Menschen tun das notwendig nicht nur Einzelakteure, sondern ganze Familien und Gemeinschaften.
    http://www.chronologs.de/…sforscherin-sarah-hrdy

    Also, wie oben geschrieben: M.E. lassen sich menschliche Partnerwahl insgesamt und die Evolution von Religiosität im Besonderen gerade nicht auf sexuelle Selektion reduzieren. Die Einwände von Brown Blackwell & Co. gegen diesen Ansatz waren berechtigt.

    @Mona: Spüre ich hier antiamerikanische Klischees, ja!? 😉 Nun – die Sorge um einige Entwicklungen in den USA scheinen wir zu teilen. Ich drücke den Demokraten für die kommenden Kongresswahlen auf jeden Fall die Daumen! Und Ausschnitte einer beeindruckende Rede von Obama findest Du z.B. hier:
    http://www.chronologs.de/…-abendessen-im-ramadan

    Und hier ein Video zu seiner Wahl und Vereidigung, bei der ich übrigens in Washington dabei war. What a moment! 🙂
    http://www.chronologs.de/…s-kino-wei-die-antwort

    Beste Grüße!

  75. Nochmals Sexuelle Selektion

    Lieber Michael, eigentlich wollte ich wissen, ob Sie den Akt der Partnerwahl (bei welcher Spezies auch immer) etwa mit sexueller Selektion gleichsetzen, weil Ihre diesbezüglichen Formulierungen das irgendwie nahe legen. Dass Darwin das nicht tut, scheint mir klar zu sein. Deshalb verstehe ich auch nicht so recht, dass Sie schreiben:

    » Er hatte das Konzept der sexuellen Selektion für auch die menschliche Partnerwahl bestimmend gehalten, wie es immer wieder am Beispiel des Pfauenschwanzes illustriert wird. «

    Es ist doch genau anders herum: Nicht das Prinzip der sexuellen Selektion ist bestimmend für die Partnerwahl, sondern die Art und Weise der Partnerwahl, welche Präferenzen die einzelnen Individuen hinsichtlich des Partners zeigen oder ob Rivalenkämpfe vorkommen, bestimmt, ob es auf lange Zeit hin gesehen einen evolutionären Wandel gibt. Und weil dieser Wandel durch das sexuelle Fortpflanzungsverhalten bewirkt wird, nannte Darwin diesen Prozess eben sexuelle Selektion, in Anlehnung an den Begriff natürliche Selektion.

    Deshalb erscheint mir auch das Folgende am eigentlichen Problem vorbeizugehen:

    » M.E. lassen sich menschliche Partnerwahl insgesamt und die Evolution von Religiosität im Besonderen gerade nicht auf sexuelle Selektion reduzieren. Die Einwände von Brown Blackwell & Co. gegen diesen Ansatz waren berechtigt. «

    Die statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Mann und Frau (Größe, Muskelmasse etc.) lassen schon vermuten, dass es bei der Partnerwahl diesbezügliche Präferenzen gegeben hat und wohl auch heute noch gibt. Die beste Erklärung für diese Unterschiede liefert folglich die Theorie der sexuellen Selektion; ob nun eher inter- oder intra-sexuell, braucht uns hier nicht zu interessieren.

    Die Frage müsste also lauten, ob sich die Evolution der Religiosität durch den Mechanismus der sexuellen Selektion erklären lässt, und nicht, ob sie sich auf sexuelle Selektion “reduzieren” lässt.

    Da es zur sexuellen Selektion eines Merkmals nur kommen kann, wenn es bei der Partnerwahl entsprechende Präferenzen gibt, ist es vernünftig zu fragen, welches Geschlecht welche Vorlieben hat bzw. hatte und wie das alles zusammenwirkt. Dass Darwin den Mann als dominierend ansah, ist aus seiner Zeit heraus verständlich. Ich finde, es ist auch heute noch eine spannende Frage, welches Geschlecht bei der freien Partnerwahl am häufigsten die letzte Entscheidung trifft: Wenn er ihr einen Heiratsantrag macht und sie Ja sagt, wer hat dann wen gewählt?

  76. @Balanus: Definitionen! 🙂

    Lieber @Balanus,

    wir sind hier wieder beim gleichen Problem wie bei der Diskussion von Adaptation – die Biologie hat einfach zu oft unklare Definitionen.
    http://www.chronologs.de/…giosit-t-eine-adaption

    So wird der Begriff der sexuellen Selektion bei einigen – auch Ihnen? – sehr eng gefasst und umfasst z.B. “Balzverhalten” und die Partnerwahl (nur zwischen Individuen?). Ernst Mayr definiert dagegen sexuelle Selektion in seinem Klassiker “Das ist Evolution” als “Selektion von Merkmalen, die den Fortpflanzungserfolg steigern”. Und wieder andere Autoren vertreten das Konzept der Social Selection, von der die sexuelle Selektion nur ein Teil sei, z.B. Nesse:
    http://www-personal.umich.edu/…lCulture-2009.pdf

    Wie schon bei der Adaptation – wo ich dann von Ihnen auch keine entsprechende Antwort erhielt – kann ich also nur fragen: Sagen Sie mir bzw. uns doch einfach, was Sie unter dem Begriff “Sexuelle Selektion” denn genau verstehen, dann erst lässt es sich darüber sinnvoll diskutieren. In einer weiten Version a la Mayr würde die Evolution von Religiosität wohl darunter fallen, in einer engeren a la “Balzverhalten” wohl eher nicht. Dass die Biologie Probleme mit ihrem Begriffsapparat hat, ist ja nun wirklich nicht die Schuld der Religionswissenschaft. 😉

  77. Hegemoniale Weiblichkeit

    M.Blume:”Ja, die komplexe Realität will sich einfach nicht in einfache Modelle zwängen lassen! Da leide ich als Mann drunter, andererseits darf dann halt immer weiter geforscht werden! ;-)”

    M.Blume: “Wobei ich betonen möchte, dass ich das “anders ticken” von @Balanus auch durchaus als positiv verstand. So finde ich das Status-Gehabe unter Männern oft ätzend und schädlich und sehe, dass manche Mütter aus nachvollziehbaren Gründen z.B. den Wert von Leben, sozialen Beziehungen, einer intakten Umwelt etc. höher einschätzen.”

    Herr Blume, ich allerdings finde ihre Anbiederei an feministisch-misandrische Anschauungen ätzend.
    Womöglich halten Sie eine derart selbstbezichtigende, reichlich devote Haltung als Mann fälschlicherweise für progressiv. Und selbstverständlich dürfen Sie Frauen für die besseren Menschen halten. Ich vermute gar, dass Sie in ihrem beruflichem Umfeld nur so Interesse zu wecken vermögen, indem Sie in den Chor einstimmen, der Chor, der Weiblichkeit mit allerlei positiven, Männlichkeit mit allerlei negativen Attributen versieht. Es ist dies die Haltung eines Opportunisten, der sich dem feministisch geprägten Zeitgeist möglicherweise auch aus materiellen Erwägungen anbiedert.

    Wir hatten diese Diskussion schon einmal ansatzweise geführt. Leider muss ich feststellen, dass bei Ihnen kein Lernprozess erkennbar ist.

    Überdenken Sie einmal ihre Pauschalurteile und fragen Sie sich, ob ihre stereotypen, negativen Pauschalurteile über Männer so über andere Gruppen möglich wären. Würde Ihnen je eine Aussage wie; “das Status-Gehabe unter Migranten (ist) oft ätzend und schädlich und (ich) sehe, dass manche Deutsche aus nachvollziehbaren Gründen z.B. den Wert von Leben, sozialen Beziehungen, einer intakten Umwelt etc. höher einschätzen.”? Da hilft auch kein Augenzwinkern.

    Um es mit Ihren eigenen Worten zu sagen: Ätzend, einfach nur ätzend!

    Ihre Kritik, soweit das Geschlechterverhältnis betreffend, bezieht sich auf das gedankliche Konzept der “hegemonialen Männlichkeit(en)” der australischen Soziologin Raewyn Connell (ehemals Robert Connell), einem Mann, der irgendwann zur Überzeugung gelangte, dass er eigentlich lieber eine Frau wäre.

    Herr Blume, wären Sie auch lieber eine Frau ? Daran ist nichts Verwerfliches. Verwerflich aber ist es, Männlichkeit ständig in einen negativen Kontext zu stellen.

    Ein bisschen Respekt, ein bisschen Selbstachtung kann nichts schaden. Damit wird Mann noch lange nicht zum frauenverachtenden Macho. Nur Mut!

  78. @Peter

    Tja, ich wusste doch, dass der Vorwurf des “Feminismus” kommt! 🙂

    Lassen Sie es mich deutlich formulieren: Nirgendwo habe ich je geschrieben oder behauptet, dass Frauen die “besseren Menschen” wären. Ich denke vielmehr, dass die Vielfalt auch der Menschen erfolgreich und gut ist – und dass gegenseitiger Respekt, Neugier und faire Kooperation gerade in gemischten Teams im Schnitt erfolgreicher sein werden als jede Form einseitiger Dominanz. Es gibt immer die Chance, vom Anderen zu lernen.

    Was die Rolle der Frau in der Evolution von Religiosität und Religionen angeht, so zwingen mich die Fakten, Gewohntes in Frage zu stellen. Oben habe ich ja eine ganze Auswahl davon genannt, im verlinkten pdf-Artikel noch mehr. In der Summe ergibt sich für mich ganz klar das Bild, dass wir hier eine Wechselwirkung in den Blick nehmen müssen, die bislang übersehen oder (wieder) verdrängt wurde.

    Mir ist bewusst, dass es gegen jede Menschengruppe Ängste und Vorurteile gibt und dass sich einige Männer allen Ernstes “von Frauen beherrscht” wähnen. Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass ich gerade auch als gestandener Mann keine Angst vor ebenso starken Frauen und einem respektvollen, gleichberechtigten, von Neugier und auch Humor geprägten Miteinander der Geschlechter habe. Ich finde es normal, dass sich endlich differenziertere Szenarien jenseits von “Mann mit Keule, Frau mit Kind” auch in der Evolutionsforschung durchsetzen. Die wahre Geschichte war und ist viel spannender und differenzierter, vor ihr braucht auch Mann m.E. keine Angst zu haben! 🙂

  79. Definitionen /@Michael Blume

    » Wie schon bei der Adaptation – wo ich dann von Ihnen auch keine entsprechende Antwort erhielt…«

    Da muss mir dann was entgangen sein. Ich hatte den Eindruck, Sie hätten einfach so das Handtuch geworfen. Denn im Grunde hatte ich Sosis’ (2009) Definition übernommen.

    Den Begriff “Sexuelle Selektion” verstehe ich so, wie Darwin ihn verstanden haben dürfte, als einen, ich wiederhole mich, natürlichen Evolutionsmechanismus, der die evolutionäre Herkunft von erblichen Merkmalen erklärt, die nicht durch Anpassungen an die Umwelt (also natürliche Selektion im engeren Sinne) erklärt werden können. Das sind Merkmale, die einfach nur “den Fortpflanzungserfolg steigern” (Ernst Mayr), weil sie vor allem oder allein durch ein bestimmtes Paarungsverhalten im Laufe der Zeit selektiert werden.

    Noch einmal anders herum: Wenn wir sehen, wie die Pfauenhenne sich mit einem Pfauenhahn, der ihr zusagt, paart, dann haben wir eine Partnerwahl beobachtet, und keine sexuelle Selektion.

    Mir ist schon klar, dass in manchen außerbiologischen Kreisen Darwins Metapher von der “Selektion” viel Verwirrung gestiftet hat und immer noch stiftet. Doch praktisch alle namhaften Biologen definieren den Prozess der “sexuellen Selektion” ähnlich, wie ich es oben skizziert habe.

    Als profunder Kenner von Darwins Schriften kennen Sie sicher auch seinen Brief vom 28.09.1860 an Lyell. Er schreibt dort:

    “Wenn ich noch einmal de novo anzufangen hätte, würde ich ‘natürliche Erhaltung’ gebraucht haben.”

    (»Talking of “Natural Selection”, if I had to commence de novo, I would have used ‘natural preservation’; for I find men like Harvey of Dublin cannot understand me; though he has read the Book twice. «
    Quelle: http://www.darwinproject.ac.uk/entry-2931)

    Der Begriff “Auslese” oder “Selektion” kann nun mal leider auch als “Wahl” (also Partnerwahl) verstanden werden. Da sind Missverständnisse vorprogrammiert.

    » Sagen Sie mir bzw. uns doch einfach, was Sie unter dem Begriff “Sexuelle Selektion” denn genau verstehen, dann erst lässt es sich darüber sinnvoll diskutieren. In einer weiten Version a la Mayr würde die Evolution von Religiosität wohl darunter fallen, in einer engeren a la “Balzverhalten” wohl eher nicht. «

    (Wenn es jetzt immer noch nicht klar ist, was ich im Einklang mit der Fachwelt unter dem Begriff “Sexuelle Selektion” verstehe und wie ich diesen Begriff vom Begriff “Partnerwahl” abgrenze, dann weiß ich auch nicht.)

    Wenn Religiosität ein erbliches Merkmal ist, also so etwas wie ein “Prachtkleid” (@Mona), und wenn die Partnerwahl vom Vorhandensein dieses Merkmals tatsächlich positiv beeinflusst wird, dann könnte man das Merkmal Religiosität in der Tat als Ergebnis des Evolutionsprinzips “sexuelle Selektion” ansehen.

    (Danke übrigens für den PDF-Link zur “Social Selection” :-). Bei den Soziobiologen bin ich mir nicht so sicher, ob die immer das richtige Verständnis von den Prinzipien der Evolution haben 😉

  80. @Balanus

    Freut mich, dass Sie Definitionen aus der evolutionären Religionsforschung auch für sich übernehmen! Richard wird das gerne hören. 🙂 Und wenn ich Sie richtig verstehe, dann sind Sie dicht bei Mayr – und dessen Definition von sexueller Selektion geht ja weit über die Partnerwahl hinaus und würde auch Aspekte von Religiosität (mit dem Potential zur Steigerung des Fortpflanzungserfolges) umfassen. Bei Darwin war das noch deutlich unschärfer, die deutsche Übersetzung lautete nicht zuletzt auf “geschlechtliche Zuchtwahl”! Und wenn er ausdrücklich davon schreibt, dass aufgrund seiner Überlegenheit der Menschen-“Mann das Vermögen der Wahl erlangt hat”, dann wird man das nicht so uminterpretieren können, als habe er irgendwie nur den Fortpflanzungserfolg gemeint! Soviel “Uminterpretation” würden Sie einem Theologen bei dessen Heiliger Schrift nie durchgehen lassen, nicht wahr!? 😉 Und wie ich im Post und Artikel bereits geschrieben habe: Mit einem solchen Verständnis von sexueller Selektion würde ich aus heutiger Sicht gerade auch im Bezug auf mein Fachgebiet nicht mehr mitgehen können.

    Schön aber auch Ihr Hinweis, dass schon Darwin selbst Schwierigkeiten im Begriffsapparat erkannte. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob die Evolutionsforschung da jemals an ein Ende kommt, sie muss auch immer wieder Begriffsarbeit leisten.

  81. @Michael Blume

    » Und wenn ich Sie richtig verstehe, dann sind Sie dicht bei Mayr – und dessen Definition von sexueller Selektion geht ja weit über die Partnerwahl hinaus…«

    Inwiefern geht Mayrs Definition der sexuellen Selektion weit über die Partnerwahl hinaus? Ohne Sexualität und ohne Partnerwahl tritt der Effekt der sexuellen Selektion nicht auf. Aber Partnerwahl ist nicht gleich sexuelle Selektion im evolutionsbiologischen Sinne.

    » Bei Darwin war das noch deutlich unschärfer, die deutsche Übersetzung lautete nicht zuletzt auf “geschlechtliche Zuchtwahl”! «

    Na logisch, er wollte ja diesen natürlichen Vorgang, dass die Variabilität in der Nachkommenschaft auf Dauer zu einem Wandel der Arten führt, einem breitem Publikum verständlich machen und hat deshalb den Vergleich mit Arbeitweise der Züchter gewählt (= “künstliche” Selektion). Genau genommen findet “Selektion” in der Natur gar nicht statt, denn da ist niemand, der selektieren könnte.

    » Und wenn er ausdrücklich davon schreibt, dass aufgrund seiner Überlegenheit der Menschen-“Mann das Vermögen der Wahl erlangt hat”, dann wird man das nicht so uminterpretieren können, als habe er irgendwie nur den Fortpflanzungserfolg gemeint! Soviel “Uminterpretation” würden Sie einem Theologen bei dessen Heiliger Schrift nie durchgehen lassen, nicht wahr!? 😉 «

    So richtig verstehe ich nicht, was Sie damit sagen wollen. Aber ich muss jetzt erst mal weg, vielleicht fällt mir später noch was dazu ein. In der Zwischenzeit (falls Sie Zeit haben) könnten Sie mir bzw. uns ja mal verraten, wie Sie das denn nun mit der sexuellen Selektion sehen, nachdem ich meine Sicht dargelegt habe.

  82. @Balanus

    Leider habe ich trotz und wegen Herbstferien nicht wirklich noch mehr Zeit. Nun habe ich die Publikation zur Verfügung gestellt und auch auf viele Fragen und Einwände reagiert. Die Frage, was sexuelle Selektion generell sei und ob Menschen durch eigene Wahlentscheidungen aktiv in Evolutionsprozesse eingreifen, ist m.E. definitiv zu umfangreich für den Kommentarbereich eines Blogs. Vielleicht lässt sich das ja einmal in einem eigenen Blogpost vertiefen.

    Nun melde ich mich erstmal ab, muss noch am Goethe-Vortrag arbeiten. Denn so schön Online-Debatten sind, freue ich mich natürlich auf die Begegnung im echten Leben. 🙂
    http://www.nwzonline.de/…die+Rolle+der+Frau.html

    Beste Grüße!

  83. M,Blume und die starken Frauen

    Sehr geehrter Herr Blume, von was reden Sie ? Von starken Frauen ? Meine Kritik galt zuallererst Ihnen persönlich.
    Ich finde es bezeichnend und erheiternd, dass Sie eine persönlich an Sie gerichtete Kritik als Kritik an Frauen wahrnehmen .. 🙂
    Es liesse sich ohne weiters nachweisen, dass Sie in ihrem Blog “Männlichkeit” vorwiegend in einem negativen Kontext ansprechen. Da Sie aber ziemlich nonchalant über derlei Kritik hinweggehen, sehe ich keinen Nutzen darin, Ihnen ihre eigenen Aussagen aufzulisten. Seis drum.
    Ihre Entgegenung “Angst vor starken Frauen” ist angesichts meiner ernsthaften Kritik nur albern.

  84. @Peter

    Aha – wenn ich also formuliere, dass der Beitrag von Frauen in der Evolution des Menschen und besonders dessen Religiosität bislang weitgehend übersehen wurde, dann ist das ein Angriff auf die Männlichkeit per se? Und ich soll schon deswegen “feministisch” sein, weil ich einräume, dass sich beide Geschlechter ergänzen und bereit sein sollten, einander anzuerkennen und voneinander zu lernen? Wäre denn dann auch eine Frau “patriarchal”, die genau das Gleiche formuliert und selbstkritisch z.B. feministische Stereotype hinterfragt?

    Auf meine Sachargumente (oben) sind Sie überhaupt nicht eingegangen, haben stattdessen im Schutz vermeintlicher Anonymität Ihren Kommentar mit “Hegemoniale Weiblichkeit” überschrieben, mir “Anbiederei an feministisch-misandrische Anschauungen” vorgeworfen und dann, klar, auch gleich gefragt: “Herr Blume, wären Sie auch lieber eine Frau ?”

    Und Sie erwarten ernsthaft, dass ich so etwas als seriöse Wortmeldung eines reifen Mannes betrachte? Mannomann… 😉

  85. @Michael Blume

    Na schön, dann auf ein andermal… Dann wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Vortrag und viele interessierte Zuhörer… und bitte nicht vergessen: Partnerwahl und sexuelle Selektion sind nicht dasselbe… 😉

  86. @Mona

    Aus dem von Ihnen verlinkten Text:

    “Die sexuelle Selektion ist eine Auslese von Männchen mit bestimmten Merkmalen durch die Weibchen derselben Art.”

    Ein schönes Beispiel dafür, wie man Missverständnisse zu bestimmten Evolutionsprinzipien erzeugen kann. Bei solchen Formulierungen braucht man sich in der Tat nicht zu wundern, dass da einiges durcheinander geht…

  87. Link @Balanus

    “Ein schönes Beispiel dafür, wie man Missverständnisse zu bestimmten Evolutionsprinzipien erzeugen kann. Bei solchen Formulierungen braucht man sich in der Tat nicht zu wundern, dass da einiges durcheinander geht…”

    Wie hätten Sie das formuliert?

  88. Link /@Mona

    » Wie hätten Sie das formuliert? «

    Zum Beispiel so:

    “Die sexuelle Selektion ist ein Evolutionsprozess, der zumeist auf der Auslese von Männchen mit bestimmten Merkmalen durch die Weibchen derselben Art beruht.”

  89. @Michael Blume

    Noch einmal kurz zur Definition des Adaptations-Begriffs:

    Sie: »Wie schon bei der Adaptation – wo ich dann von Ihnen auch keine entsprechende Antwort erhielt…«

    Ich: »Da muss mir dann was entgangen sein […] Denn im Grunde hatte ich Sosis’ (2009) Definition übernommen. «

    Sie: »Freut mich, dass Sie Definitionen aus der evolutionären Religionsforschung auch für sich übernehmen! Richard wird das gerne hören. 🙂 «

    Solange Richard keine anderen Definitionen verwendet als in der Evolutionslehre üblich sind, habe ich kein Problem damit. Woraus folgt, dass die evolutionäre Religionsforschung diesbezüglich keine abweichende Auffassung vertritt, wie man aufgrund unseres Wortgeplänkels vielleicht meinen könnte.

    Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass Sie mich hier mit Edgar Dahl verwechseln, den haben Sie an anderer Stelle mal nach seiner Definition von “Adaptivität” gefragt.

    Entsprechend war für Charles Darwin der Homo religiosus ein Vir religiosus (religiöser Mann) – auch in seinen Hypothesen zur Evolution der Religiosität entwarf er Szenarien von Kampf, Jagd und Konkurrenz, in denen Frauen keine eigenständige Rolle zukam, sie nicht einmal Erwähnung fanden.

    Könnten Sie diese Behauptung mit Zitaten belegen?
    Hier jedenfalls findet sich nichts dergleichen.

  90. @Balanus: Wortgeplänkel

    Lieber @Balanus,

    ja, die Frage, inwiefern wir hier auch wertvolle Zeit in Wortgeplänkeln investieren, hat mich auch gerade umgetrieben. So war ich doch etwas erstaunt, als Sie auf die Anfrage von @Mona als Definition von sexueller Selektion vorschlugen:

    “Die sexuelle Selektion ist ein Evolutionsprozess, der zumeist auf der Auslese von Männchen mit bestimmten Merkmalen durch die Weibchen derselben Art beruht.”

    Oben hatten Sie doch noch die Engführung klassischer Definitionen auf Aspekte der Partnerwahl heftig kritisiert – nun ist Ihre Definition aber wieder sehr dicht dran und von jener Mayr’s wieder sehr weit weg…

    Zu Darwin – Vir religiosus ist die Quelle bereits angegeben: In seiner “Abstammung des Menschen” (1871) diskutiert er an vielen Stellen die Evolution von Religiosität bzw. deren Funktionalität – aber ausnahmslos im Bezug auf Männer bzw. Kampfszenarien. Dies ist umso bemerkenswerter, als er sich erklärtermaßen auf Hume bezog, der in seiner “Natural History of Religion” die Rolle der Frau(en) betont hatte. Stand aber eigentlich auch schon alles oben…

  91. Monas Link und Darwins Kampfszenarien /@Michael Blume

    » Oben hatten Sie doch noch die Engführung klassischer Definitionen auf Aspekte der Partnerwahl heftig kritisiert – nun ist Ihre Definition aber wieder sehr dicht dran und von jener Mayr’s wieder sehr weit weg… «

    1. Ich kritisiere nicht die “Engführung klassischer Definitionen auf Aspekte der Partnerwahl” (dazu müsste ich jetzt erst mal wissen, was damit gemeint ist), sondern die fehlende Trennschärfe zwischen einem Evolutionsprozess (hier sexuelle Selektion) und einem aktuellen tierischen oder menschlichen Verhalten (hier Partnerwahl). Ich weiß halt immer gerne genau, wovon gerade die Rede ist. (Gäbe es kein spezifisches Verhalten bei der Partnerwahl, wäre Darwin wohl nicht auf die Idee einer “sexuellen” Selektion gekommen, um z.B. das Prachtgefieder mancher Vogelmännchen zu erklären.)

    2. Das ist nicht _meine_ Definition, sondern jene aus Monas Link, die ich lediglich um einige wenige Begriffe ergänzt habe, damit klar wird, dass “sexuelle Selektion” ein Evolutionsprozess ist, so wie Mayr (2003) das ebenfalls in seinem Glossar erklärt (“Selektion von Merkmalen, die den Fortpflanzungserfolg steigern”).

    » Zu Darwin – Vir religiosus ist die Quelle bereits angegeben: In seiner “Abstammung des Menschen” (1871) diskutiert er an vielen Stellen die Evolution von Religiosität bzw. deren Funktionalität – aber ausnahmslos im Bezug auf Männer bzw. Kampfszenarien. «

    Dann haben Sie also keine speziellen Darwin-Zitate parat – hätte ja sein können, denn in Ihrem Blog-Beitrag “Charles Darwin about the Evolution of Religiosity and Religion(s)” zitieren Sie ja reichlich aus Darwins Werk und seinen Hypothesen zur Evolution der Religiosität (allerdings fand ich dort keine “Szenarien von Kampf, Jagd und Konkurrenz”, die er dabei entworfen haben soll).

  92. @Balanus: Zeit & Ertrag

    Zu 1. es ist nicht erkennbar, welche Unterschiede Sie zwischen “Wahl” und “Auslese” ziehen wollen. Denn selbstverständlich ist ja auch Auslese ein Ergebnis von “aktuellem tierischem oder menschlichem Verhalten”, oder etwa nicht!? Und zwischen Ihrer nun gegenüber @Mona vorgelegten Definition von sexueller Definition und der von Mayr liegen schlichtweg Welten. Das ist ja alles nicht schlimm, sondern gibt den Zustand der Biologie (mit teilweise variantenreichen Definitionen) wieder – aber es bringt m.E. nichts, solche Unsicherheiten zu überspielen, eine angebliche Geschlossenheit biologischer Definitionen zu behaupten und auf dieser Basis “Wortgeplänkel” zu veranstalten. Dafür sollte uns beiden die Zeit doch wirklich zu schade sein, finden Sie nicht?

    2. Zu Darwin’s evolutionären Religionshypothesen befindet sich ein Artikel von mir im Druck. Mal schauen, ob ich dafür eine Freigabe als pdf bekomme, wenn er erscheint.

  93. Von eitlen Pfauen und treuen Partnern

    Jens Milde von der Nordwest-Zeitung hat den Vortrag bei der Goethe-Gesellschaft in Nordenham zusammen gefasst:
    http://www.nwzonline.de/…nd+treuen+Partnern.html

    Hinweis an Freunde des Wortgeplänkels: Es handelt sich hier um einen m.E. gut gelungenen, notwendig kompakten Zeitungsartikel, nicht um einen wissenschaftlichen Aufsatz. Ein solcher ist z.B. hier hinterlegt:
    http://www.blume-religionswissenschaft.de/…e.pdf

    Beste Grüße!

  94. Mein Schlusswort /@Michael Blume

    Tut mir leid, wenn nicht klar geworden ist, um was es mir bei dieser Frage ‘Sexuelle Selektion’ vs. ‘Partnerwahl’ gegangen ist. Meine Frage war schlicht und einfach, ob “Sie den Akt der Partnerwahl mit ‘sexueller Selektion’ gleichsetzen.”

    Aus Ihren diversen Entgegnungen schließe ich nun, dass die Antwort “Ja” lautet. Wenn Sie also “sexuelle Selektion” schreiben, meinen Sie entweder den Evolutionsmechanismus oder den Akt der Partnerwahl oder eben auch beides, weil beides untrennbar zusammenhängt, halt je nach Kontext. Mehr wollte ich doch gar nicht wissen.

    Ich beginne zu ahnen, warum Ihnen diese glossarische Kurzdefinition von Mayr so zusagt und warum Sie meinen, “meine Definition” (welche?) würde von der Myers (oder anderer Biologen) abweichen. Und ich fürchte, hier sind wieder etliche Missverständnisse im Spiel.

    (Das mit dem unnötigen “Wortgeplänkel” geht übrigens auf Ihr Konto, als Sie mir fälschlicherweise vorwarfen, ich wäre Ihnen woanders eine Antwort schuldig geblieben).

    Zu Darwin: Wäre schön, wenn Sie die Freigabe Ihres Papers kriegen würden. Bin schon sehr gespannt… 🙂

  95. @Balanus

    Warum meinen Sie, dass ich denn überhaupt eine abschließende Definition von sexueller Selektion vertretem müsste? Warum soll ich denn als Religionswissenschaftler eine letzte Entscheidung über biologische Begriffe treffen wollen, wenn die Biologen das selbst noch nicht geschafft haben? Von einer Kollegin aus der Primatologie würde ich doch auch keine abschließende Definition z.B. von Religion erwarten!?

    Was ich tue ist das Erproben und Diskutieren gewachsener, biologischer Begriffe in meinem Fachgebiet, der evolutionären Religionswissenschaft. Nicht weniger und nicht mehr.

    Und so schrieb ich oben auch ausdrücklich zum darwinschen “geschlechtliche Zuchtwahl”-Modell im Bezug auf die Evolution von Religiosität (!):

    “Die von mir lange für möglich gehaltene und in der internationalen Evolutionsforschung immer noch populäre Hypothese, dass Religiosität über die direkte, sexuelle Selektion zwischen (Einzel-)Frau und (Einzel-)Mann evolviert sein könnte, erschien mir zunehmend schwächer. Es gibt einfach zu viele Einwände dagegen.”

    Mayr könnte m.E. durchaus eine interessante Alternative sein – aber der Schwenk von der darwinschen zur mayrschen Definition von sexueller Selektion bliebe eine Aufgabe der Biologie. Ebenso bliebe es m.E. eine Aufgabe von Biologen, eine klare Definition von Adaptation zu erarbeiten. Die Religionswissenschaft kann dazu m.E. bestenfalls Debattenbeiträge liefern, aber nicht selbst zur Über-Biologie werden. Nur im Sinne gegenseitiger Selbstbeschränkung ist m.E. interdisziplinäre und ertragreiche Zusammenarbeit möglich.

  96. Zweites Schlusswort /@Michael Blume

    » Warum meinen Sie, dass ich denn überhaupt eine abschließende Definition von sexueller Selektion vertretem müsste? «

    Ich wollte doch nur wissen, was _Sie_ darunter verstehen, damit ich _Ihre_ Gedanken nachvollziehen kann (bei Darwin und Mayr ist mir das klar). Jetzt weiß ich, dass Sie damit in erster Linie die Partnerwahl meinten. Wo ist oder war das Problem?

    » … – aber der Schwenk von der darwinschen zur mayrschen Definition von sexueller Selektion bliebe eine Aufgabe der Biologie. «

    Da gibt es nichts zu schwenken, lieber Michael.

    » Ebenso bliebe es m.E. eine Aufgabe von Biologen, eine klare Definition von Adaptation zu erarbeiten. «

    Im Kern verstehen die allermeisten Biologen das gleiche unter dem Begriff der Adaptation, auch wenn sich die einzelnen Definitionen im Wortlaut unterscheiden mögen.

    Grundsätzlich wäre zu sagen, dass die Wissenschaft vom Leben der Kompliziertheit ihres Forschungsgegenstandes entspricht. Schon die Grenze zwischen Leben und Nicht-Leben ist kaum definiert. Messerscharfe Definitionen, wie sie in der Physik gang und gäbe sind, sind hier eher die Ausnahme.

    Das macht es für eine Kulturwissenschaft, die mit diesen oft unscharfen biologischen Begriffen arbeiten möchte oder muss, natürlich nicht gerade einfach. Umso wichtiger ist es, dass sie deutlich macht, was sie jeweils unter den verwendeten Begriffen versteht.

  97. @Balanus

    Okay, dann beginnen wir uns auch in dieser Frage zu verstehen. 🙂 Ihrem letzten Kommentar kann ich völlig zustimmen. Zur Verdeutlichung meiner Position: Wo immer es um biologische Begriffe (wie Adpation, sexuelle Selektion u.v.m.) geht, verschaffe ich mir einen Überblick über die gängigen Definitionen und Varianten und arbeite damit. Persönlich lege ich mich dabei bewusst nicht endgültig fest, da ich mich nicht für einen Über-Biologen halte und Vorfestlegungen die Offenheit des Erkenntnisprozesses einschränken würden. Stattdessen erprobe ich die angebotenen Varianten, wäge ab, was besser funktioniert und speise dies wiederum in den Diskurs ein – empirisches Forschen im Rahmen der Evolutionsforschung, eben. Dass ich z.B. das klassisch-darwinsche Konzept der “geschlechtlichen Zuchtwahl” inzwischen für zu eng halte, um meinen Forschungsgegenstand zu erklären, habe ich ja deutlich gemacht.

  98. religion und frauen

    Die Rolle der Frau in Kult und Religion ist ein Paradebeispiel für unsere Entwicklungsgeschichte: Als wir in Gruppen, die kommunizierten, besser überlebten, brauchten wir Steuerung und Strukturierung. Hauptsächlich Männer erdachten sich die begründenden Kulte. Von der notwendigen Mutterrolle mutierte das Frauenbild in den immer machtvolleren Überwelten zum Besitz der Männer. Ihre Rolle degenerierte immer mehr zur besitzsichernden Reproduzentin. Das Buch:

    das ende aller illusionen: evolution · religion · naturzerstörung
    rationalVerlag Gerlingen ISBN 9783981386509 oder auf dem iPad/iBooks bei Apple

    zeigt die evolutionsbegleitende Notwendigkeit der Religionen. Aber auch die männergeprägten Sozialrollen, besonders die manipulierte Rolle der Frau. Das Buch zeigt auch, dass die evolutorische Notwendigkeit und der Bedarf an Religionen zu Ende ist. Heute bestimmt das Wissen die zuvor durch Religionen besetzte Macht.

  99. @rembold

    Das ist ja nun wirklich ein klassisch-darwinscher Ansatz, der von der Überlegenheit des Menschenmannes ausgeht – m.E. aber weder durch Evolutionslogik, Funde noch durch heutige Daten gestützt wird. So schreiben Sie:

    Als wir in Gruppen, die kommunizierten, besser überlebten, brauchten wir Steuerung und Strukturierung.

    Inwiefern? Welche “Steuerung” und “Strukturen”? Klar ist, dass wir Menschen gemeinschaftliche Kinderbetreuung benötigen, seitdem wir größere Gehirne und längere Kindheiten verzeichnen. Gruppenkriege o.ä. sind dagegen erst seit wenigen Jahrtausenden nachgewiesen – davor ging man sich aus dem Weg. Und: Auch heutige Kulturen von Jägern und Sammlern kommen mit recht egalitären Strukturen zurecht.

    Hauptsächlich Männer erdachten sich die begründenden Kulte.

    Warum sollten das nur Männer getan haben? Weil sie intelligenter, die Frauen manipulierbarer waren? Warum sollten sich Frauen das gefallen gelassen haben? Woher wissen Sie, dass die Erstellung der frühen, religiösen Kunst nur Männersache war? Waren und sind Frauen nicht ebenso dazu fähig?

    Noch bis in die Antike hinein hatten Frauen zentrale religiöse Rollen inne, heute streben sie solche auch in monotheistischen Religionen an. Und in den Kulturen von Jägern und Sammlern sind keinesfalls nur Männer Schamanen, Weise etc. Wie passt all das zu einem Szenario, wonach “die Männer” angeblich “die Frauen” unterdrückt hätten?

    Von der notwendigen Mutterrolle mutierte das Frauenbild in den immer machtvolleren Überwelten zum Besitz der Männer. Ihre Rolle degenerierte immer mehr zur besitzsichernden Reproduzentin.

    Wann? Wo? Nachgewiesen ist ein (auch religiöser) Statusverlust der Frauen nach der Einführung von Agrarwirtschaft. Aber dies geschah erst vor wenigen Jahrtausenden, religiöse Kunst ist viele Jahrzehntausende älter.

    Aber auch die männergeprägten Sozialrollen, besonders die manipulierte Rolle der Frau.

    Wenn dem so wäre, warum sind dann vor allem Frauen Mitglieder in Religionsgemeinschaften, engagieren sich dort häufiger als Männer etc.? Ihre Theorie wertet weibliches Verhalten von vornherein als “manipuliert” ab, ohne in Erwägung zu ziehen, dass es genauso bio-logisch sein könnte wie jenes von Männern.

    Das Buch zeigt auch, dass die evolutorische Notwendigkeit und der Bedarf an Religionen zu Ende ist. Heute bestimmt das Wissen die zuvor durch Religionen besetzte Macht.

    Wie (auch hier auf dem Blog) schon mehrfach geschrieben: Die Forschung kennt noch kein einziges Beispiel einer nichtreligiösen Menschenpopulation, die auch nur ein Jahrhundert hindurch eine Geburtenrate über oder auf der Bestandserhaltungsgrenze erhalten hätte. Gerade in freiheitlichen Gesellschaften geht die demografische Schere auseinander, wachsen Religionen immer wieder nach.
    http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/982255

    Der Gedanke mag schwer erträglich sein: Aber vielleicht sind ja religiöse Menschen und auch Frauen gar nicht so dumm, manipulierbar, rückständig etc., wie es mancher gerne hätte?!

  100. @michael

    “Der Gedanke mag schwer erträglich sein: Aber vielleicht sind ja religiöse Menschen und auch Frauen gar nicht so dumm, manipulierbar, rückständig etc., wie es mancher gerne hätte?!”

    Mir ist nicht klar in wieweit “sicher vermehren wie die Karnickel bis der Planet leergefressen ist” obigen Attributen widersprechen würde?

    “Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.”
    (ein angeblich afghanisches Sprichwort)

  101. Religion und Geburtenrate

    Naja, zunächst gibt es neben der Religion ja noch einige andere Faktoren, die die Geburtenrate unter Umständen noch viel mehr beeinflussen: So gibt es in Agrargesellschaften wohl durchschnittlich immer mehr Kinder als in unserer Dienstleistungsgesellschaft (oder wie auch immer man unsere Gesellschaft nennt), denn Kinder haben hier eine wichtige Rolle als Mitarbeiter uvm.
    Außerdem muss man bedenken, dass die heutigen großen Religionen (Christentum, Judentum, Islam – mit dem fernen Asien kenne ich mich nicht besonders aus, aber ich denke, da wirds ähnlich ausgesehen haben), in solchen Agrargesellschaften entstanden sind und die aufgestellten Gebote und Regeln wohl in Wechselwirkung zum gesellschaftlichen Konsens entstanden sind.
    Religion führt also – vielleicht auch aus dem Entstehungskontext heraus – zu einer höheren Geburtenrate, die evolutionär zunächst einmal vorteilhaft ist. Wie hoch diese Geburtenrate ist, hängt aber nicht allein von der Religion ab. Auch gesellschaftliche Faktoren tragen dazu bei.
    Wenn man sich nun einmal die Statistiken anguckt (ich habs jetzt in “Gott, Gene und Gehirn” noch mal kurz überflogen), dann liegt die Kinderanzahl in Europa auch bei Religiösen häufig unter der “Bestanderhaltungsgrenze” – allerdings liegt die Kinderanzahl bei den Nichtreligiösen stets am Niedrigsten.
    Wir brauchen also wegen hoher Religiosität unter den Menschen keinen Kollaps befürchten, denn es gibt viele andere Faktoren, die dort reinspielen. So, wie es aussieht, ist die Modernisierung der Entwicklungsländer auch aus demografischer Sicht zu wünschen, wenn wir unseren Planeten nicht sprengen wollen, denn dort gibt es durchweg weniger Kinder. Jedoch ist in diesen modernen Gesellschaften dann wiederum Religiosität sehr nützlich, um die Bestanderhaltungsgrenze von zwei Kindern überhaupt noch zu erreichen.

  102. @sebastian

    Es wäre schon arg armselig, wenn man Religiösität nur noch wg. der Vermehrungsrate bräuchte, oder?

    Man darf auch nicht vergessen, dass “die Religiösen” einen Riesenvorsprung an Zeit haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass “Ungläubige” vielleicht eher Bedarfsgerecht Nachwuchs produzieren.
    Ich für meinen Teil trage auf jeden Fall “genügend” zur Arterhaltung bei – obwohl ich ungläubig bin. Ich muss aber auch zugeben, dass ich manchmal denke, ob es eine gute Idee war Kinder in diese Welt zu setzten … im Gegensatz zu “Gläubigen” habe ich ja ein eigenes Gewissen und kann mich nicht auf ein göttliche “karnickelt”-Gebot berufen.

  103. @Sascha & Sebastian

    @Sebastian hat es m.E. erfasst: Religiöse Vergemeinschaftung ist nur ein (allerdings sehr wichtiger) Faktor in der menschlichen Demografie. Im Ausgang aus Agrargesellschaften haben wir derzeit weltweit massiv sinkende Geburtenraten, vgl. die Grafik dazu auch hier:
    http://www.chronologs.de/…vorteil-durch-religion

    Vor allem aber bitte ich @Sascha – mit etwas Verwunderung über die menschen- und v.a. frauenverachtende Sprache – zu bedenken: Hier geht es um Evolution und da ist der differentielle Reproduktionserfolg nun einmal der Faktor, über den sich Lebensformen und deren Merkmale entwickeln. Wer das nicht mag, kann sich ja beim Universum oder Schöpfer beschweren – ich habe mir das nicht ausgedacht…

    Und: Evolutionsforschung ist immer historische Forschung mit Daten bis heute und für die Zukunft kann man alles mögliche spekulieren. Es ist z.B. denkbar, dass wir einmal außerirdisches Leben finden – oder doch noch eine säkulare Population, die sich dauerhaft erfolgreich fortpflanzt. Ich halte beides für möglich, möchte es jedoch erst gerne sauber belegt haben, bevor ich es als wissenschaftliches Faktum akzeptiere…

    Ob wir also die Existenz von Menschen an sich gut oder schlecht finden, ob unsere Nachkommen einmal andere Planeten besiedeln werden oder Überbevölkerung einsetzt – all dies sind Bewertungen und Spekulationen, die über die beschreibende Evolutionsforschung schon hinaus gehen. Diesen Unterschied zwischen empirischen Wissenschaften und normativen Bewertungen sowie (sicherlich oft schönen und interessanten) Spekulationen bitte ich zu beachten.

  104. @michael

    “Vor allem aber bitte ich @Sascha – mit etwas Verwunderung über die menschen- und v.a. frauenverachtende Sprache – zu bedenken:”
    Oh Nein SO war das nicht gemeint. Ich bezog mich auf den angeblichen Vorteil der Religionen bzgl. der zwanghaft verstärkten Reproduktionsrate.

    Der (Massen)Reproduktionserfolg alleine ist nicht die Triebfeder der Evolution.
    Wenn eine Spezies sich so stark vermehrt, dass sie ihr “Habitat” überbeansprucht, so wird aus dem Reproduktionserfolg ggf. ein Evolutiondruck, d.h. es ist ein Malus.

    ” Hier geht es um Evolution und da ist der differentielle Reproduktionserfolg nun einmal der Faktor, über den sich Lebensformen und deren Merkmale entwickeln.”
    Das ist nicht DER Faktor, sonden einer von vielen. Bei der Evolution geht es vor allem um ANPASSUNG, so dass die Spezies überlebt.
    Sonst wären ja alle Lebensformen, die sich langsam vermehren schon lange ausgestorben.

    ” Wer das nicht mag, kann sich ja beim Universum oder Schöpfer beschweren – ich habe mir das nicht ausgedacht…”
    Ich glaube sie denken sich da aber gerne was rein 😉

  105. @Sascha: Evolutionäre Fitness

    Nun, vielleicht hilft es zum Verständnis, nicht ständig Arten durcheinander zu werfen. Menschen sind eben keine “Karnickel” und es macht keinen Sinn, den Reproduktionserfolg von z.B. Bakterien mit dem von Homo sapiens zu vergleichen…

    Sondern: Innerhalb jeder Population (gleicher Art!) findet Evolution über den differentiellen Reproduktionserfolg statt – dieser entscheidet, welche Merkmale sich im Genpool ausbreiten oder verschwinden. Überleben ist nur die Voraussetzung, um Gene per Reproduktion (direkt oder durch nahe Verwandte) weiter geben zu können. Die Biologie hat häufig Schwierigkeiten, zu klaren Definitionen zu kommen – im Fall der evolutionären Fitness aber herrscht darüber inzwischen weitgehend Konsens, vgl.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Fitness_(Biologie)

    oder
    http://en.mimi.hu/biology/fitness.html

    usw. usf.

  106. @Bohnenkamp

    “Reproduktionserfolg alleine ist nicht die Triebfeder der Evolution”

    Doch, genau so ist es. Das einzige was Evolution in nennenswerter Weise antreibt ist der differenzielle Reproduktionserfolg zwischen Individuen (ja Individuen, nicht Arten, nicht Populationen, sondern Individuen)

    “Bei der Evolution geht es vor allem um ANPASSUNG, so dass die Spezies überlebt”

    Dieses “Arterhaltungsprinzip” bzw. die Idee Individuen verhielten sich “zum Wohle der Art” hat in unseren Breiten vor Allem der Konrad Lorenz in den 60er, 70er Jahren ungemein popularisiert, zu einer Zeit wo meines Wissens nach die ganze Sache mit der Arterhaltung von der mathematisch-populationsgenetisch geprägten angelsächsischen Evolutionsbiologie schon längst zum Teufel gejagt worden ist. Wenn man nämlich anfängt genauer hinzuschauen und versucht nachzurechnen (zu modellieren) wie Evolutionsprozesse funktionieren, stellt sich schnell heraus, dass mit Arterhaltung nix is (der Lorenz selber war ein reiner Schwafler, der hat sein Lebtag sich nicht drum gekümmert ob irgendwas von dem was er behauptet auch mathematisch Sinn macht oder nicht).

    Sie können sich’s ja auch selbst überlegen. Stellen Sie sich eine Population von Viechern vor die ihr Reproduktionpotential nicht ausschöpfen um die Ressourcen ihres Habitats zu schonen. Sagen wir sie wären genetisch irgendwie prädispositioniert die Anzahl ihrer Nachkommen auf die vorhandenen Brutplätzen abzustimmen. Und was passiert wenn durch die nächste dahergelaufene Mutation dieser fein austarierte Mechanismus in einem dieser Viecher gestört würde. Das Individuum würde anfangen zu karnickeln. Jetzt gibt’s für die Nachkommen dieser Mutante zwar nicht genug Brutplätze aber die Chancen stehen gut das 1-2 dieser Nachkommen quasi “unrechtmäßig” zu Brutplätzen kommen die eigentlich anderen, ordungsgemäß gezeugten Individuen zustehen würden. Und ein paar Dutzend Generationen hätten die sich nicht selbstbschränkenden Viecher die Altruisten auskonkurrenziert. (Und in jeder Generation wären zu wenig Brutplätze für vielzuviele paarungswillige Individuen vorhanden was zu vielen Raufereien und großem Stress bei allen führt) – Is nicht schön und hätt’ dem Lorenz auch nicht gefallen aber blöderweise ist es das was sich a) mathematisch ausgeht und b) allenthalben in der Natur beobachten lässt.

    “Sonst wären ja alle Lebensformen, die sich langsam vermehren schon lange ausgestorben”

    Das oben gesagte bedeutet im übrigen nicht das differenzieller Reproduktionserfolg mit der Menge an Nachkommen gleichgesetzt werden muß. Schon mal was von K- und r-Strategen gehört? Kommt aus der Ökologie. K-Strategen sind Viecher/Pflanzen die wenige Nachkommen produzieren aber viele Ressourcen/Energien in jeden einzelne buttern. r-Strategen produzieren haufenweise Nachkommen ohne sich groß um sie zu kümmern. Ein Beispiel für K-Strategen wären etwa maulbrütende Cichliden (Tanganjika-Buntbarsche), r-Strategen wären Dorsche mit Millionen von Eiern pro Laichperiode. Beide Strategien sind evolutionär bewährt. Welche konkret von einer Art gefahren wird hängt von der ökologischen Nische ab die eine Art besetzt. Und Nischen gibt’s wie Sand am Meer. In vielen davon zahlt es sich halt einfach eher aus K-Strategien zu fahren und sich Zeit zu lassen beim vermehren.

  107. @Gerhard Schöfl

    Vielen Dank für die (er-)klärende Deutlichkeit! Ich bin ja gerade (und im Januar nochmal) in Jena – vielleicht gibt es einmal die Chance auf ein Offline-Kennenlernen?

    Und wenn ich Sie einmal um einen Gastbeitrag zum Thema “Evolutionäre Fitness und Reproduktionsvorteil” bitten dürfte, dann würde ich dafür auch gerne eine Einladung zum Essen aussprechen! 🙂

    Interdisziplinäre Grüße!

  108. Pingback:Götter, Gene, Genesis – Die Biologie der Religionsentstehung (Rezension) › Natur des Glaubens › SciLogs - Wissenschaftsblogs

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